George Miller

Furiosa: A Mad Max Saga

Dr. Dementus (Chris Hemsworth). Foto: 23 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.
(Kinostart: 23.5.) Rasender Stillstand: Wie in vier Vorgänger-Filmen richtet Regisseur George Miller auch im fünften – und chronologisch vierten – Teil der Action-Serie möglichst viel Blech- und Personenschaden an. Nun mit weiblicher Hauptfigur; das macht das Spektakel nicht besser, aber kurzweiliger.

In einer nicht fernen, postapokalyptischen Zukunft kämpfen im Herzen des australischen Outback wenige Überlebende um knappe Ressourcen. Dagegen haben ein paar glückliche Menschen das große Los gezogen: Sie leben bescheiden, aber gut in einer Oase mitten in der Wüste – stets darauf bedacht, nicht von umherstreifenden Marodeuren entdeckt zu werden.

 

Info

 

Furiosa: A Mad Max Saga

 

Regie: George Miller

148 Min., Australien 2024;

mit: Anya Taylor-Joy, Chris Hemsworth, Alyla Browne, Tom Burke

 

Weitere Informationen zum Film

 

Hier ist die Film-Heldin Furiosa aufgewachsen. Noch als Teenager wird sie diesem Garten Eden entrissen: Eine Gruppe von Motorradfahrern kidnappt sie und verschwindet mit ihr in die Wüste, verfolgt von ihrer furiosen Mutter (Charlee Frazer). Die Biker müssen ihr Leben lassen, doch die Mutter wird von anderen Schergen des Warlords Dr. Dementus (Chris Hemsworth) getötet. Furiosa wächst unter Dementus‘ Obhut auf.

 

Ölraffinerie liefert genug Sprit

 

Der „Doktor“, der sich im Sinne Nietzsches für einen Übermenschen hält, hat einen Gegenspieler in der Wüstenei: Immortan Joe herrscht über eine Armee von aufgeputschten war boys und einen Harem von gebärfähigen Frauen. Seine Zitadelle kam bereits im Vorgängerfilm „Mad Max: Fury Road“ (2015) vor. Als neuer Schauplatz fungiert hingegen eine Ölraffinerie; ihre Existenz erklärt, wo der ganze Sprit für die Auto- und Motorrad-Korsos herkommt.

Offizieller Filmtrailer


 

Wie Furiosa ihren Arm verlor

 

Ebenso neu ist die nach ihrem einzigen Handelsartikel benannte Minenstadt „Bullet Town“; scharfe Munition wird in dieser seltsamen Raubritter-Gesellschaft in rauen Mengen verschossen. Um dieses kleine Reich wird nun ausgiebig gekämpft. Furiosa lernt im Lauf der Jahre beide Seiten gut genug kennen, um ihren Wunsch zu rechtfertigen, sie auszulöschen. Denn sie hat nur eines im Sinn: ihre Mutter zu rächen. Dafür braucht sie Geduld.

 

Nach 15 Jahren hat Hauptdarstellerin Anna Taylor-Joy ihren Leinwandauftritt als Furiosa. Sie beerbt damit Charlize Theron; diese spielte die einarmige Kriegerin in „Fury Road“, dem vierten Film der Mad-Max-Saga des australischen Regisseurs George Miller. Als chronologisches prequel erzählt „Furiosa“ ihre Vorgeschichte – etwa, wie sie ihren Arm verlor.

 

Alles begann mit Law-and-Order-Film

 

Darin kommt übrigens Max, den sie später auf der „Fury Road“ kennenlernen wird, noch gar nicht vor. Ein womöglich anderer Max stand bereits im Mittelpunkt der ersten drei „Mad Max“-Filme, die Miller zwischen 1979 und 1984 drehte. Mel Gibson verdankt seiner Titelrolle seine internationale Karriere. Der erste Teil hatte ein Mini-Budget von 350.000 US-Dollar, spielte aber weltweit fast 100 Millionen ein – weil er mit spektakulären Auto-Verfolgungsjagden und halsbrecherischen Stunts bis dahin ungesehene Action-Standards setzte.

 

Dabei war der erste „Mad Max“ noch gar nicht postapokalyptisch. Der Autolack glänzte noch frisch, aus dem Hahn kam noch Wasser, und an Tankstellen gab es noch Benzin. Das Szenario entsprach in seiner Struktur damaligen Law-and-Order-Filmen wie „Ein Mann sieht rot“ von 1974. Im Mittelpunkt stand die Rache des Polizisten Max Rockatansky an den Mördern seiner Familie, einer Gruppe von Bikern.

 

Endzeit-Look seit 1981

 

Teil Zwei wurde 1981 jedoch in der Endzeit angesiedelt, mit dem dazu passenden Look: Staub- und Erdtöne bei tief stehender Sonne. Sie beschien zusammengeflickte Schrottkarren mit sandstrahlgeschliffenen Karosserien und hoher Verletzungsgefahr für alle Verkehrsteilnehmer. Der dritte Film von 1985 übertrug die zuvor rein australische Saga in die Schemata des Hollywood-Kinos. Dann folgten drei Jahrzehnte Pause.

 

Erst 2015 kehrte Regisseur George Miller zu seiner erfolgreichsten Erfindung zurück. Mit Tom Hardy in der Hauptrolle kam Mad Max in „Fury Road“ auf die Leinwand zurück. Dafür wurde seine unwirtliche Lebenswelt um ein paar eindrucksvolle Bauten und Vehikel erweitert. Nun knüpft „Furiosa“ an die bewährte Formel an, diesmal mit einer weiblichen Hauptfigur – in korrekter Einschätzung eines veränderten Marktes, auch für Popcorn-Kino.

 

Wahrscheinlichkeit als erstes Opfer

 

Hintergrund

 

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Diese Rechnung geht auf: Trotz seines epischen Aufbaus ist der jüngste zugleich der kurzweiligste Teil der Mad-Max-Reihe. Mitsamt aller Stärken und Schwächen seiner vier Vorgänger; angefangen mit einem preisverdächtigen Panoptikum von schrägen Bauten, Kostümen, Waffen und Fahrzeugen. Als Kanonenfutter, denn in sämtlichen Mad-Max-Filmen geht es vor allem darum, möglichst viel Blech- und Personenschaden anzurichten. Dabei leistet auch „Furiosa“ ganze Arbeit.

 

Dagegen darf man weder eine prä-apokalyptische Moral noch einen plausiblen Plot erwarten. Der Wahrscheinlichkeit wird in „Furiosa“ mitunter noch übler mitgespielt als dem Arm der Heldin. Sie wird von Anna Taylor-Joy solide verkörpert, aber von Charlee Frazer als ihrer eigenen Mutter in den Schatten gestellt. Wobei bei diesem sehr sportlichen Film weniger Schauspielkunst als vielmehr physische Präsenz zählt. Die hat Chris Hemsworth als Oberschurke Dr. Dementus zweifellos.

 

Namensgebungs-Humor wie vor 45 Jahren

 

Ansonsten beschränkt sich der Humor des Films auf das Set-Design und, wie immer, auf die Namen der Protagonisten: „The Organic Mechanic“, „Praetorian Jack“, „Rictus Erectus“ zeugen noch vom Schenkelklopfer-Niveau des ersten Teils vor 45 Jahren und von der brutalen Stumpfheit dieser Film-Welt. Die wird durch zeitgeistgemäße Frauenpower nicht wirklich besser, aber immerhin abwechslungsreicher.