Denis Villeneuve

Dune: Part Two

Die Fremen-Frau Chani (Zendaya) ist die Freundin von Paul Atreides (Timothée Chalamet). Foto: © 2023 Warner Bros.
(Kinostart: 29.2.) Wiedersehen mit Arrakis: Zweieinhalb Jahre nach dem ersten kommt der zweite Teil der monumentalen SciFi-Verfilmung ins Kino. Mit kleinen Änderungen der Romanvorlage überwindet Regisseur Denis Villeneuve das simple Gut-Böse-Schema und nimmt Bezug auf den Nahen Osten.

Im ersten Teil seiner Adaption von Frank Herberts Science-Fiction-Roman, der 2021 ins Kino kam, hat sich Regisseur Denis Villeneuve stilistisch von seinen Vorgängern freigeschwommen. Als da wären: die psychedelischen Entwürfen des Mitte der 1970er Jahre gescheiterten Projekts von Alejandro Jodowrowskys – und „Der Wüstenplanet“ (1984) von David Lynch mit deformiertem Industrie-Design, holpriger Handlung und schwachen Spezialeffekten.

 

Info

 

Dune: Part Two

 

Regie:Denis Villeneuve,

166 Min., USA/ Kanada 2024;

mit: Timothée Chalamet, Zendaya, Rebecca Ferguson, Javier Bardem

 

Weitere Informationen zum Film

 

Villeneuve setzte dagegen auf brutalistische Architektur, tierähnliche Fahr- und Fluggeräte, einschüchternden surround sound, dazu eigenwillig coole Uniformen zwischen Fascho-Couture und Wüsten-Look. Die riesigen Sandwürmer waren ebenfalls recht gelungen. Vor allem schlug seine „Dune“-Verfilmung ein geduldiges Erzähltempo ein, das schrittweise in diese Welt und ihre Bewohner einführt. Die Hauptfigur, der junge Paul Atreides (Timothée Chalamet), muss früh erwachsen werden, als er in eine kosmische Intrige verwickelt wird.

 

Erst Spielfiguren, dann Action

 

So verteilte Villeneuve im ersten Teil in Ruhe die Figuren auf dem Spielfeld – ohne große Höhepunkte. Erst im zweiten Teil sollte sich entscheiden, was seine „Dune“-Version dramaturgisch von ihren Vorgängern unterscheidet. Der Film erzählt den zweiten Teil und das Finale des ersten Bandes der Vorlage, eines Zyklus‘ aus sechs Romanen.

Offizieller Filmtrailer


 

Mix aus Feudalismus + Futurismus

 

Jodorowsky interessierte sich vor allem für die spirituelle Reise des jungen Helden. Der esoterisch bewanderte Filmemacher sah ihn als Vorbild eines neuen, besseren Menschen. Da Paul somit zu einer Art Messias und Übermensch wurde, wollte Jodorowsky ihn am Ende töten und wiederauferstehen lassen. Was David Lynch vorhatte, ist unklar: Sein Film existiert nur in Schnittfassungen, die er nicht autorisiert hat. Sie feierten Pauls finalen Sieg über den Imperator als Happy-End.

 

Nun muss Villeneuve beweisen, ob er dem außer überlegener Technologie etwas hinzufügen kann. Was hat die Sci-Fi-Welt dieses sperrigen 1960er-Jahre-Romans mit der unseren zu tun? Zu den Protagonisten zählen Hochadlige, Konkubinen, Priesterinnen und eine mutierte Raumfahrergilde – in einer Märchenmischung aus Feudalismus und Futurismus.

 

Im erweiterten Nahen Osten

 

Doch dann trifft diese intergalaktische Machtelite auf dem Planeten Arrakis, der wegen seines Rohstoffs „Spice“ heiß umkämpft ist, auf das indigene Volk der Fremen. Da deren Sprache ans Arabische angelehnt ist und sie ans Leben in der Wüste angepasst sind, liegt eine Analogie zu den Bewohnern der arabischen Halbinsel nahe. Zumal sich Kostüme, Casting und Score in den Fremen-Szenen deutlich auf den Nahen Osten im erweiterten Sinne beziehen.

 

So dreht sich nun alles um die Frage, wie Paul mit der neuen Situation umgehen wird, in der er am Beginn von „Part Two“ erwacht. Er und seine Mutter Jessica (Rebecca Ferguson) sind die einzigen Überlebenden aus dem Geschlecht der Atreides; alle anderen fielen einem Komplott des bösen Harkonnen-Clan zum Opfer. Allein in der Wüste sind sie nun den Fremen ausgeliefert – und die unentschieden, wie sie mit den Fremdlingen umgehen sollen.

 

Visionen von intergalaktischen Kriegen

 

Einige halten Paul für einen seit alters her prophezeiten Messias, der ihr Leben auf Arrakis zum Besseren verändern wird. Paul erkennt in seinen wiederkehrenden Visionen, wohin dieser Weg führen würde: in einen intergalaktischen Krieg mit Millionen von Opfern. Ein Großteil der Handlung dreht sich um seine Zwickmühle. Kann er dem Schicksal ausweichen, das ihm vielfach vorhergesagt worden ist?

 

Dabei wird immer deutlicher, dass die buchstäblich unter einer schwarzen Sonne lebenden Harkonnen Faschisten und abgrundtief gemein sind. Aber sind die liberaleren Atreides besser, was ihre Pläne für den Planeten betrifft? Sind sie nicht auch nur Marionetten des Bene-Gesserit-Ordens, für den das alles ein Spiel über mehrere Generationen hinweg mit dem Gleichgewicht des Universums ist?

 

Zendaya als Stimme der Vernunft

 

Genau betrachtet, sind nur wenige Romanfiguren ausschließlich gut oder böse. Durch leichte Änderungen im Drehbuch wird „Dune“ erstaunlich aktuell – zum Beispiel aus Perspektive der Fremen. Sie werden dankenswerterweise nicht einfach als stolze, aber letztlich leicht manipulierbare Masse dargestellt, als die sie von den Adelsgeschlechtern betrachtet werden.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Dune: Part One" – erster Teil des Science-Fiction-Epos mit Timothée Chalamet von Denis Villeneuve

 

und hier eine Besprechung des Films "Arrival" – intelligent fesselnder Sci-Fi-Psychothriller mit Amy Adams von Denis Villeneuve 

 

und hier einen Beitrag über den Film "Blade Runner 2049" – brillante Fortsetzung des ScFi-Klassikers mit Ryan Gosling und Harrison Ford von Denis Villeneuve

 

und hier einen Bericht über den Film "Enemy" – klaustrophobischer SciFi-Psycho-Thriller als Verfilmung eines Romans von José Saramago durch Denis Villeneuve.

 

Andernfalls wäre Villeneuves „Dune“ nur eine Neuauflage von „Lawrence von Arabien“ mit Würmern und Raumschiffen. Stattdessen erweist sich Pauls Griff nach der Macht als problematisch: Im zweiten Band des Zyklus entwickelt sich der Messias rasch zum Tyrannen. Also wird Pauls Fremen-Freundin Chani (Zendaya) zur Stimme der Vernunft, um die Spannung zu erhalten. Diese geringfügige Abweichung von der Romanhandlung, die ansonsten getreulich übernommen wurde, macht den ganzen Unterschied aus.

 

Warten auf die Fortsetzungen

 

Villeneuve ist also der erste Regisseur, der sich den tieferen Fragen des Romans stellt und das Setting nicht allein für Materialschlachten voller Schauwerte nutzt. Nichtsdestoweniger gibt es davon immer noch reichlich, und ebenso pompös ausgestattete Kulissen, etwa die Bauten des Harkonnen-Planeten.

 

Doch während der erste Teil das Publikum geduldig angefüttert hat, zieht „Part Two“ nun eine Reihe Asse aus dem Ärmel. Das Universum erweitert sich, neue Charaktere tauchen auf, die Geschichte wird komplexer. Wie einst bei George Lucas’ wesensverwandter „Star Wars“-Trilogie wird auf diese Weise die Tür zur Zukunft aufgestoßen. Der offene Schluss macht weitere Fortsetzungen, auf Basis der übrigen Romane, nun dramaturgisch denkbar. Es könnte die Geburt eines gewinnbringenden Franchise-Kosmos‘ sein.