Hieronymus Bosch (ca. 1450-1516) ist einer der berühmtesten und zugleich rätselhaftesten Maler der Kunstgeschichte. Fast jeder kennt seine fantastischen Mischwesen aus Mensch und Tier, die in surrealen Szenerien ihr Unwesen treiben. Sie wurden unzählige Male kopiert und wirkten wegweisend; ohne seine Vorbilder sähen moderne Horrorfilme anders aus. Doch wie und warum Bosch solche Fabelgestalten erfand, bleibt unklar: Nach diesem Dokumentarfilm ist man keinen Deut schlauer.
Info
Hieronymus Bosch - Schöpfer der Teufel
Regie: Pieter van Huystee,
89 Min., Niederlande 2015;
mit: Matthijs Ilsink, Jos Koldeweij, Luuk Hoogstede
Alle Bosch-Gemälde überprüfen
Stattdessen begleitet er ab 2010 das „Bosch Research and Conservation Project“ (BRCP) bei der Arbeit. Dessen Mitglieder soll alle Gemälde prüfen, die dem Künstler zugeschrieben werden, Eigenhändiges von Werkstatt- oder Nachahmer-Arbeiten unterscheiden und Leihgaben für die große Jubiläums-Schau in seiner Heimatstadt an Land ziehen – sie besitzt kein Werk von Bosch. Also einerseits kunsthistorische Grundlagenforschung, andererseits Ausstellungsbetrieb.
Offizieller Filmtrailer
Neuzuschreibung als Sechser im Lotto
Das team um Koordinator Matthijs Ilsink reist durch die halbe Welt, um Kollegen zu treffen. Im Madrider Prado werden die Niederländer eher distanziert empfangen – kein Wunder: Das Haus plant selbst eine umfassende Bosch-Retrospektive im Jubiläumsjahr und will sich nicht die Schau stehlen lassen. Zudem besitzt der Prado mehr Bilder von „El Bosco“, wie er auf Spanisch heißt, als jedes andere Museum auf der Welt. Sollten fremde Experten infrage stellen, dass es sich um Originale handelt, kann das sein renommee nur schmälern.
Anders in Venedig: Die „Galleria dell‘ Academia“ ist durchaus bereit, ihre Bosch-Werke auszuleihen – wenn zuvor die Niederlande ihre Restaurierung auf eigene Kosten übernehmen. Und der Direktor des“Nelson-Atkins Museum of Art“ in Kansas City ist überglücklich, ein kleines Gemälde nach Europa schicken zu dürfen. Sein Schöpfer war bislang unbekannt; erst nach dem Tipp eines Kunstfreundes wird es von den BRCP-Leuten als echter Bosch identifiziert. Das ist für dieses US-Provinzmuseum wie ein Sechser im Lotto.
Kommentarlose Kamerafahrten
So eilt der Film von Station zu Station: Offenbar hatte Regisseur von Huystee eine Art Kunst-Krimi oder -Schnitzeljagd im Sinn. Dafür sind aber die Szenen zu spröde und die Dramaturgie zu fahrig. Ob in Spanien, Italien, den Niederlanden oder USA: Überall begutachten Anzugträger andächtig Bildtafeln. Oder sie beugen sich über Monitore mit Infrarot-Aufnahmen, um weitschweifig Details von Boschs Malweise zu diskutieren.
Hintergrund
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Grafik-Investition gefällt nicht
Umso mehr Zeit bleibt für den Verhandlungs-poker, wer wem Zugang zu welchem Werk gewährt und welche Bedingungen Leihgeber stellen. Mit Animositäten, Hinhaltetaktik und heimlichen Verbündeten wie in jedem business as usual; bloß legen Museumsleute gern ihre Stirn in Falten und suchen nach bedeutungsschwangeren Worten. Dabei geht es letztlich ums Finanzielle: Ein Sammler, der eine Zeichnung zur Begutachtung vorlegt, gibt offen zu, dass er sie nur als Investition gekauft hat – sie gefällt ihm gar nicht.
Apropos Geld: Der Film wurde bereits als einstündige Kurzfassung bei ARTE ausgestrahlt. Danach war er drei Monate lang kostenlos in der Sender-Mediathek abrufbar. Wenige Tage nach Ablauf dieser Frist kommt er in einer um 30 Minuten längeren Version ins Kino.
Spekuliert der Verleih auf Bosch-Fans, die seine höllischen Fantasien auf großer Leinwand bestaunen wollen? Sie dürften enttäuscht werden: Diese Doku taugt allenfalls als ziemlich unstrukturierter Einblick in den heutigen Kunstbetrieb. Zum „Schöpfer der Teufel“ und seinem epochalen Werk hat sie wenig zu sagen.