Emma Thompson

What’s Love got to do with it?

Farbenfrohe Tanzeinlage während Kazims (Shazad Latif) Hochzeit in Lahore. Foto: Studiocanal GmbH/ Robert Viglasky
(Kinostart: 23.2.) Warum sich mit Dating-Apps abmühen, wenn man die Partnerwahl den Eltern überlassen kann? Das Thema arrangierte Ehe verpackt Regisseur Shekar Kapur als leichtfüßiges Lustspiel – sein anglo-asiatischer Culture-Clash gefällt durch umgekehrte Rollenverteilung, schön bebildert.

Arrangierte Ehe und romantische Filmkomödie passen nur bedingt zueinander. Zwar geistert das Thema als unterhaltsame Nebenhandlung durch viele meist anglo-asiatische Lustspiele wie zuletzt bei „The Big Sick“ (2017) von Regisseur Michael Showalter. Diese Art der Partnerschafts-Anbahnung, die im Westen eher als überholtes Relikt wahrgenommen wird, aber zum Hauptthema einer Romcom zu machen, ist immerhin ungewöhnlich – vielleicht sogar völlig neu.

 

Info

 

What’s Love got to do with it?

 

Regie: Shekhar Kapur,

109 Min., Großbritannien/ Pakistan 2022;

mit: Emma Thompson, Lily James, Shazad Latif

 

Weitere Informationen zum Film

 

Ungewöhnlich ist auch, dass Shekar Kapur Regie führt bei „What’s Love got to do with it?“ – der  Titel spielt zwar ironisch auf den Welthit von Tina Turner an, doch der Film hat damit nichts zu tun. Kapurs letzte Kinoarbeit, das Historiendrama „Elizabeth – Das goldene Königreich“ mit Cate Blanchett, liegt mittlerweile über 15 Jahre zurück; seither hat er nur eine TV-Serie gedreht.

 

Als Inder mit Sujet vertraut

 

Für sein Quasi-Comeback hat er sich nun einen locker-flockigen Filmstoff ausgesucht. Auch das überrascht angesichts seines bisherigen, eher ernsthaften Schaffens – wirkt aber andererseits nicht falsch, da Kapur als gebürtiger Inder mit dem Thema vertrauter sein und es wohl verständnisvoller anpacken dürfte, als die meisten seiner westlichen Kollegen es täten.

Offizieller Filmtrailer


 

Doku-Filmerin begleitet Heiratwilligen

 

Verständnis will auch Zoe Stevenson (Lily James) aufbringen, eine junge Dokumentarfilmerin in der Schaffenskrise. Bei einer Feier eröffnet ihr Sandkastenfreund und Kindheitsnachbar Kazim (Shazad Latif), genannt Kaz, dass er demnächst heiraten werde – eine Frau, die seine Eltern traditionell mithilfe einer Heiratsvermittlung für ihn auswählen werden. Er fühlt sich verpflichtet, deren pakistanische Traditionen zu wahren.

 

Zudem hat als er als viel beschäftigter Arzt weder Zeit noch Energie, sich wie die junge Filmemacherin im Onlinedating-Dschungel Londons herumzutreiben, was sie sichtlich auch belastet. Zoe findet, dass diese Haltung überhaupt nicht zu ihrem Kumpel passt und will wissen, was dahinter steckt. Also plant sie, Kaz bei seinem Vorhaben filmend zu begleiten. Dafür muss sie allerdings seine Familie überzeugen, mitzumachen – und ihre Produzenten, die schön bissig als dem Zeitgeist hinterher hechelnde Ignoranten dargestellt werden. Beides gelingt ihr.

 

Wahl fällt auf sittsames Mädel

 

Nun ist Zoe mit der Kamera bei jedem neuen Schritt von Kaz dabei; sie befragt aber auch andere Paare, deren Ehe „assistiert“ begonnen hat, so der zeitgenössische Begriff, und deren Partnerschaft letztlich in Liebe mündete. Davon beeindruckt, beginnt Zoe langsam, Kaz’ Beweggründe zu verstehen – und mit ihr das Publikum.

 

Allerdings ist sie etwas enttäuscht, als seine Wahl auf die offenbar sittsame Maymouna (Sajal Aly) aus der pakistanischen Metropole Lahore fällt. Binnen weniger Wochen wird die Hochzeit in ihrer Heimatstadt arrangiert. Neben Kaz’ gesamter Familie sind auch Zoe und ihre Mutter Cath (Emma Thompson) dabei und gewillt, ein rauschendes Fest zu feiern – das bedeutet jedoch nicht das Happy End, sondern entpuppt sich als Auftakt für eine weitere Geschichte.

 

Skript-Autorin ehelichte Cricket-Star

 

Das Drehbuch zur dieser mit leichter Hand erzählten Story stammt von Jemima Goldsmith, bis 2014 Jemima Khan: Von 1995 bis 2004 war sie mit dem pakistanischen Cricket-Star und späteren Regierungschef Imran Khan verheiratet. Mit ihrem Skript verarbeitet sie nicht nur autobiografische Erlebnisse; sie will auch ihrer Liebe zu Land und Leuten Ausdruck verleihen.

 

Das ist geglückt; nicht nur am Schauplatz Pakistan, wo die Kamera in malerisch orientalischer Architektur schwelgt. Anders als in vielen anglo-asiatischen Culture-Clash-Komödien werden Kaz’ Angehörige als ganz normale Familie gezeigt, ohne klischeehafte exaltierte Manierismen.

 

Mamas britisch-imperiale Vorurteile

 

Hintergrund

 

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Die bleiben Zoes Mutter überlassen; Emma Thompson spielt sie sehr überzeugend als eine Frau, die zwar scheinbar alles an ihren Nachbarn liebt, vom Essen über die Ästhetik bis zum familiären Zusammenhalt. Dennoch schimmern ihre unbewussten britisch-imperialen Vorurteile immer wieder durch und lassen sie in manches Fettnäpfchen treten.

 

Dadurch dreht der Film aber die landläufige Gewichtung von Stereotypen – überkandidelte Einwanderer und nüchterne Einheimische – so einfach wie geistreich um. Darüber hinaus konzentriert sich die Geschichte auf allzu menschliche Gemeinsamkeiten der Nachbarn. In beiden Familien gibt es Geheimnisse – so geht Zoe etwa dem schwierigen Verhältnis zwischen Kaz’ Familie und seiner Schwester nach, die mit einem Nichtmuslim verheiratet ist.

 

Fortsetzung folgt

 

Auch Cath will, dass Zoe endlich eine feste Beziehung eingeht, und sie dafür mit ihrem netten Tierarzt verkuppeln – eine andere Art der assistierten Partnerfindung, die aber letztlich nicht zum Erfolg führt. Durch die lange Zeit, die Zoe mit Kaz verbringt, weichen ihren freundschaftlichen vorhersehbar anderen, tieferen Gefühlen. Das ist schön zu beobachten, auch wenn es nicht jedem Moment überzeugt; schließlich geht es doch um Liebe in jeder Ausprägung, um Versöhnung und sogar etwas Romantik. Da wird allerdings züchtig abgeblendet.