Alicia Scherson

Turistas

Ferien-Jobberin Susana (li.) und Tourist Ulrik spielen eine Partie Federball im Park. Foto: Kairos Filmverleih
(Kinostart: 1.12.) Könnten Ferien auf deutschem Bauernhof sein, ist aber Urlaub im Nationalpark von Chile: Carla streitet mit ihrem Mann und schlägt die Zeit mit Zufallsbekannten tot. Eine Fingerübung, die blasse Eindrücke hinterlässt.

Traumurlaub sieht anders aus: Carla und Joel, Akademiker aus der Hauptstadt Santiago de Chile, fahren mit ihrem Aqua-Bike gen Süden. Ihr Ziel: ein Ferienhaus im Nationalpark «Las siete tazas» («Die sieben Tassen») – benannt nach sieben Wasserfällen und ebenso vielen Becken, die deren Wucht über Jahrmillionen aus dem Gestein ausgehöhlt hat. Doch das Ehepaar gerät in Streit. Carla hat abgetrieben, ohne zuvor darüber mit ihrem Mann zu sprechen.

 

Info

Turistas

 

Regie: Alicia Scherson, Chile 2009, 105 min.;
mit: Aline Kuppenheim, Diego Noguera, Palma Pablo Ausensi

 

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Tief verletzt lässt Joel sie an der nächsten Ausfahrt sitzen. Carla trampt weiter und lernt Ulrik kennen, der sich als Student aus Norwegen ausgibt. Das Zufalls-Pärchen schlägt sein Zelt am Camping-Platz auf und macht weitere Bekanntschaften. Orlando war früher ein berühmter Schlagersänger; nun fristet er sein Dasein als Parkaufseher. Er zeigt der studierten Biochemikerin eine Fauna und Flora, die sie nur aus dem Lehrbuch kennt.

 

Eklat nach Männer-Kuss

 

Die Cousinen Susana und Susana pflegen ihren Gothic-Look und jobben zur Urlaubszeit im Park-Kiosk. Spaziergänge, Federball-Spiel und Sonnenbaden an den Wasserfällen lassen die Ferientage verstreichen. Beim Abschiedsfest mit der Landbevölkerung kommt es zum Eklat: Carla nötigt den angetrunkenen Ulrik, der sich für schwul hält, einen Tanzpartner zu küssen – worauf der ausrastet. Dann Rückreise in die Metropole – und hasta la vista, baby!

 

Offizieller Video-Trailer (auf Spanisch ohne Untertitel)

 


 

Szenen plätschern wie Wasser dahin

 

Wie ihre Hauptfigur ist Regisseurin Alicia Scherson 37 Jahre alt und studierte Biologin. Überdies war sie vermutlich ungewollt schwanger und urlaubsreif, als sie 2009 ihren zweiten Spielfilm drehte. Dessen autobiographische Grundierung ist jedenfalls offenkundig: Ausgiebig verweilt die Kamera auf den Wundern der Natur und lässt sich vom Parkwächter Pflanzennamen und Vogelstimmen erklären.

 

Ansonsten passiert nicht viel: Die Szenen plätschern dahin wie das Wasser im Bergfluss «Claro de Molina» und die Ferientage im Nationalpark. Hauptdarstellerin Aline Kuppenheim verkörpert glaubwürdig eine anorektische Transuse, die sich für linkisch hält und ihr Leben nicht in den Griff bekommt. Ihr leicht tuntiger Zelt-Partner Ulrik (Diego Noguera) nervt mit vorlautem Geplapper; Ex-Goldkehle Orlando (Palma Pablo Ausensi) ist die Resignation in Person.

 

Tragende Nebenrolle für Tarantel

 

Wie in jedem Pauschal-Urlaub lassen kurze Augenblicke aufmerken. Etwa das grandiose Berg-Panorama von «Las siete tazas». Die dortige Vegetation wirkt vertraut europäisch, das Ungeziefer nicht: Eine große haarige Tarantel spielt eine tragende Nebenrolle. Dagegen amüsieren sich die Sommerfrischler mit den gleichen teuren Gadgets wie hierzulande – in ebenso grellbunter Neopren-Sportkleidung.

Hintergrund

Weitere Informationen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.


So bleibt von dieser Fingerübung auf der Leinwand nur der blasse Eindruck, dass klassische Touristen in Südamerika eine ähnlich lächerliche Figur abgeben wie beim Badeurlaub am Mittelmeer. Und chilenische Thirtysomethings am selben diffusen Weltschmerz leiden wie ihre Altersgenossen im Prenzlauer Berg.