Ein pied-noir („Schwarzfuß“), wie Algerienfranzosen von ihren Landsleuten genannt werden, hat die Modewelt revolutioniert. Das war dem schüchternen Spross einer Großindustriellen-Familie nicht in die Wiege gelegt. Geboren und aufgewachsen in der algerischen Großstadt Oran, gewann Yves Saint Laurent (YSL) mit 17 Jahren einen Wettbewerb im Modezeichnen.
Info
Yves Saint Laurent
Regie: Jalil Lespert,
105 Min., Frankreich 2013;
mit: Pierre Niney, Guillaume Gallienne, Charlotte Le Bon
Rauswurf bei Dior wegen Wehrdienst
Bald lernt er den Kunsthändler Pierre Bergé kennen, der sein Lebens- und Geschäftspartner wird. Als YSL den Wehrdienst verweigert, um nicht in den Algerienkrieg ziehen zu müssen, und daraufhin vom Haus Dior entlassen wird, gründen beide 1961 gemeinsam das Label „Yves Saint Laurent“; es wird Jahrzehnte lang die Modewelt mit bestimmen. So kreiert YSL 1963 das berühmte Mondrian-Kleid und macht in den 1970er Jahren Hosenanzüge für Frauen endgültig salonfähig.
Offizieller Filmtrailer
Ex-Lebensgefährte Bergé arbeitete mit
Regisseur Jalil Lespert verfolgt das Leben des Couturiers von 1957 bis zum Ende der 1970er Jahre; diese Phase dürfte seine produktivste gewesen sein. Dabei nimmt der Film die Perspektive seines Lebensgefährten Pierre Bergé ein, der bei der Vorbereitung als Quelle eine wichtige Rolle spielte. Überdies wurde der Film weitgehend an Original-Schauplätzen gedreht, wie dem Atelier von YSL oder seiner Sommerresidenz in Marrakesch.
Das verleiht dem setting größtmögliche Authentizität, auch wenn sich Regisseur Lespert einige erzählerische Freiheiten erlaubt. Sein Anspruch war, möglichst alle Facetten der Persönlichkeit von YSL zu zeigen; er lässt also weder die Drogensucht noch die manisch-depressive Störung aus, mit denen der Designer zeitlebens zu kämpfen hatte.
Lagerfeld erst Freund, dann Konkurrent
Mit der Wahl seines Hauptdarstellers hat der Regisseur einen echten Glücksgriff getan: Pierre Niney sieht dem echten YSL nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sondern geht auch völlig in seiner Rolle auf. Auch die anderen Schauspieler machen ihre Sache gut, allen voran Guillaume Gallienne als Pierre Bergé.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
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Brave Modewelt ohne Ausschweifungen
Visuell ist der Film eine opulent ausgestattete Zeitreise durch drei ästhetisch sehr unterschiedliche Epochen: die steifen 1950er, die rebellischen 1960er und die lässigen 1970er Jahre. Durch die enge Zusammenarbeit mit Pierre Bergé und seiner Stiftung kann Regisseur Lespert ziemlich genau die Arbeitsweise von YSL zeigen und auf seine Original-Kleider und Entwürfe zurückgreifen.
Das ist schön anzusehen. Allerdings hält sich der Film bei der Darstellung der damaligen Mode-Szene sehr zurück. Selbst die wilden, drogengeschwängerten 1970er Jahre erscheinen bei ihm seltsam brav und alles andere als ausschweifend. Das mag daran liegen, dass die fashion world nur als – wenn auch äußerst schicker – Hintergrund fungiert.
Liebesgeschichte geht vor
Für Regisseur Lespert ist die Liebesgeschichte zwischen den beiden Männern, die immer offen mit ihrer Homosexualität umgingen, wichtiger als namedropping oder modische Accessoires. Diese histoire d’amour erzählt er einfühlsam samt allen Höhen und Tiefen, die eine langjährige Beziehung mit sich bringt – zudem waren Bergé und YSL auch Geschäftspartner.
Der schlichte Filmtitel drückt aus, dass der Mensch und Künstler Yves Saint Laurent ganz im Zentrum steht: wie er trotz oder gerade wegen seiner Leiden seine Kreativität auslebte. Das darzustellen, ist Regisseur Lespert eindeutig gelungen; er zeigt die Leistung des Modegenies in neuem Licht.