
Ein Schwarzer als Mitglied des ultrarassistischen Ku-Klux-Klan? Das hört sich nach einer derart absurden Fantasie an, dass sich noch nicht einmal Hollywood trauen würde, sie zu erfinden. Doch die Wirklichkeit schreibt manchmal Geschichten, die man sich nicht ausdenken kann. Auch der jüngste Film von Spike Lee basiert auf so einer Story – zumindest im Ansatz.
Info
BlacKkKlansman
Regie: Spike Lee,
143 Min., USA 2018;
mit: John David Washington, Adam Driver, Topher Grace
Laufbursche bei der Polizei
Als Schwarzer bei der Polizei zu arbeiten, ist auch heute alles andere als gewöhnlich. Anfang der 70er-Jahre war es noch eine komplette Ausnahme. 1972 wird Ron Stallworth (John David Washington, der Sohn von Denzel Washington) somit die zweifelhafte Ehre zuteil, der erste schwarze Polizist von Colorado Springs im amerikanischen Bundesstaat Nevada zu werden. Auch innerhalb der Polizei herrschen noch tief sitzende Vorurteile: Stallworth wird anfangs zu öder Arbeit im Archiv abgestellt und von seinen Kollegen wie ein Laufbursche behandelt.
Offizieller Filmtrailer
Intensiver Kontakt zum Klan
Doch das ist gar nichts gegen den Ku-Klux-Klan, dessen Mitglieder mit ihren markanten weißen Kutten durch Städte marschieren, Kreuze verbrennen und offen gegen Schwarze und andere Minderheiten agitieren. Und der mit ganz gewöhnlichen Anzeigen in der Tageszeitung nach neuen Rekruten sucht. Kurzentschlossen ruft Ron die Nummer an und gibt sich als rassistischer Weißer aus, der sich davor ekelt, dass seine Schwester sich mit einem Schwarzen eingelassen hat.
Schnell wird er zu einem Treffen mit den lokalen Rassisten eingeladen. Da er aus offensichtlichen Gründen nicht selbst erscheinen kann, schlüpft fortan sein weißer Kollege Flip Zimmerman (Adam Driver) in seine Rolle. Immer intensiver wird der Kontakt der beiden Polizisten zum Klan, bis sie gar den damaligen Chef der Organisation, den sogenannten „Grand Wizard“ David Duke (Topher Grace) treffen.
Absurde Buddy-Komödie
Erst 2006 berichtete der ehemalige Polizist Ron Stallworth über die damaligen Ereignisse, 2014 veröffentlichte er sein Buch „Black Klansman“, auf dessen absurden Begebenheiten nun Spike Lees Film basiert. Inwieweit seine Beschreibungen der Wahrheit entsprechen, ist kaum zu überprüfen. Polizei und Ku-Klux-Klan schweigen sich aus. Für Lees Film entsteht dadurch ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem.
Spike Lee scheint das nicht weiter zu kümmern. Sein Interesse an der Geschichte besteht ohnehin nicht in historischer Genauigkeit. Auch eine Beschreibung der Methoden des Ku-Klux-Klans und von dessen Versuch, politische Ämter zu erringen, kommt nur am Rande vor. Über weite Strecken inszeniert Lee die Geschichte als groteske Komödie: Er betont die Absurdität der Situation und lässt die beiden ungleichen Polizisten, die sich der tumben, rassistischen Hinterwäldler des Klans mit Leichtigkeit erwehren, wie in einer Buddy-Komödie agieren.
Widerstand gegen weiße Dominanz
Hintergrund
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und hier einen Bericht über den Film "The Black Power Mixtape 1967 – 1975" - brillante Doku über die US-Bürgerrechtsbewegung von Göran Hugo Olsson
Von dieser Idee ist auch der allzu schlichte Versuch geprägt, David Duke mit Donald Trump gleichzusetzen. „America First“ und „Make America great again“ ruft Duke aus, also genau jene beiden Parolen, die Trumps Ideologie zusammenfassen. Doch auch wenn Trump immer wieder Dinge von sich gibt, die deutlich rechts von der Mitte stehen: Ein David Duke ist er nicht. Vor allem aber ist das Amerika von 2018 nicht das der 1970er Jahre.
Emotionale Schlichtheit
Probleme sozialer Natur gibt es in den USA zweifellos genug. Und dass trotz eines schwarzen Präsidenten Obama und eines deutlich gewachsenen Bewusstseins für Rassenungleichheit die Situation gerade für die Minderheiten Amerikas oft problematisch ist, steht außer Frage. Spike Lee zeigt einmal mehr, dass er es mit seiner aus der Wut gespeisten Herangehensweise zwar versteht, mit großer stilistischer Kraft wuchtige und emotionale Filme zu drehen. Deren politische Haltung aber erscheint angesichts einer Polemik, die stets implizit behauptet, die Moral auf ihrer Seite zu haben, oft allzu schlicht.