
Mitten im Sommer kommt kurioserweise ein richtiger Herbst/Winter-Film ins Kino; er ist von der speziellen Atmosphäre geprägt, die diese Jahreszeiten so besinnlich macht. Wie der Titel besagt, handelt der Film von 2 Herbsten und 3 Wintern: In dieser Zeitspanne beobachtet der französische Regisseur Sébastien Betbeder einige junge Erwachsene, die in Paris leben.
Info
2 Automnes 3 Hivers
(2 Herbste 3 Winter)
Regie: Sébastien Betbeder,
93 Min, Frankreich 2013,
mit: Vincent Macaigne, Maud Wyler, Bastien Bouillon
Gedanken + Erinnerungen ganz genau
Hauptfigur Arman (Vincent Macaigne) wird 33 Jahre alt. Er sieht nicht mehr sehr jugendlich aus, trägt sein schütteres Haar dennoch lang, hat keinen interessanten Job und grübelt oft. Woran der Zuschauer ausgiebig teilhaben darf: Man erfährt seine Gedanken und Erinnerungen ganz genau. Häufig blicken die Protagonisten in die Kamera und erzählen, was gerade geschehen ist und wie sie sich dabei fühlen. Solche direkte Publikumsansprache wechselt ab mit Spielszenen und voice-over-Kommentaren.
Offizieller Filmtrailer OmU
Mit Hirnschlag in die Hecke
Da Herbst ist, kommt Arman auf den guten Vorsatz, etwas zu ändern und mehr Sport zu treiben. Fortan joggt er jedes Wochenende im Park um die Ecke. Und siehe da, die Veränderung lässt nicht lange auf sich warten: Amélie (Maud Wyler), ebenfalls sinnierend durch den Park laufend, wird von Arman umgerannt und stolpert so in sein Leben.
Das lässt eine klassische boy meets girl story erwarten, doch plötzlich wird eine neue Figur eingeführt. Sie darf sich ebenfalls mit Blick in die Kamera persönlich vorstellen: Armans bester Freund Benjamin (Bastien Bouillon) denkt auch viel über das Leben nach. Er wird im ersten Herbst einen Hirnschlag erleiden und in eine Hecke fallen.
Episoden ohne Substanz
Hintergrund
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Schnell verliert der Film seinen Fokus und roten Faden. So reizvoll die Idee scheint, drei Jahre in assoziativen Erinnerungen Revue passieren zu lassen, so rasch erschöpft sich der Plot in Langeweile. Regisseur Betbeder zeigt vor allem die Zwischenräume des Lebens, den Alltag vor und nach großen Ereignissen: Doch warum soll man zuhören, wie Arman sich wortreich fragt, an welcher Supermarktkasse er sich anstellen soll?
Ein paar schön skurrile Momente stellen sich ein, aber auf Dauer fühlt man sich vor allem mit Banalitäten zugetextet. Betbeder hat aus einer Kurzfilmidee, für die er Filmförderungs-Gelder bekam, einen Langfilm gemacht. Diese aufgeblähte Fassung retten auch diverse eingestreute Zitate aus der Filmgeschichte nicht. Da geht man stattdessen besser sommerlich Eis essen.