Im Sommer 1780 reisen Emanuel Schikaneder (Max von Thun), Gattin Eleonore (Lisa Maria Potthoff) und deren Schauspieler um die Rampensau Wallerschenk (Nicholas Ofczarek) von Bayern nach Salzburg: Dort will die Theater-Truppe vor dem Hofkomponisten Leopold Mozart und dessen Sohn Wolfgang auftreten.
Info
Sommer der Gaukler
Regie: Marcus H. Rosenmüller, 110 min., Deutschland 2011;
mit: Max von Thun, Lisa Maria Potthoff, Nicholas Ofczarek
Doch der Bischofssitz verschließt seine Tore; dem bunten Völkchen wird die Erlaubnis verweigert, in Salzburg Theater zu machen – die war damals nötig. Der sinnenfrohe Impresario Schikaneder beschließt, in einem nahen Bergdorf aufzutreten, um Geld zu verdienen.
Welten-Theater im Alpen-Dorf
Schikaneder schwebt Großes vor: Er will «Weltentheater» schaffen – allerdings fehlt ihm die zündende Idee für ein geeignetes Stück. Die liefert ihm die raue Wirklichkeit: Im Dorf begehren Tagelöhner gegen den Bergwerks-Besitzer Paccoli auf, weil dessen Schächte morsch sind und die Schufterei lebensgefährlich ist.
Offizieller Film-Trailer
Aus dem Gefängnis auf die Bühne
Zufälliger Wortführer wird der brave Vester, der in Paccolis Tochter Babette verliebt ist: Ein Held ist geboren. In diesem Heilsbringer wider Willen erkennt Schikaneder dramatisches Potential. Doch er hat nicht die Muße, an einem Stück zu feilen: Da er seine Wirtshaus-Rechnungen nicht bezahlen kann, muss er fliehen.
Unterwegs gabelt ihn Mozart (Florian Teichtmeister) auf und nimmt ihn in seiner Kutsche mit: zum kunstsinnigen Baron von Playen, der Schikaneders Schulden begleichen will. Daraus wird nichts; der Impresario landet im Gefängnis. Aus dem er entkommt, indem er die schwärmerische Babette bezirzt: Endlich bringt er sein Spektakel auf die Brettl-Bühne, während Mozart im Publikum sitzt. Der Rest ist Musik-Geschichte.
Kraftkerl in Fassbinder-Nachfolge
Im Schweinsgalopp jagt der Film durch Irrungen und Wirrungen auf die erlösende Premiere zu. Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, löst sich das verwickelte Beziehungsgeflecht der Figuren in allgemeines Wohlgefallen auf. Rosenmüller inszeniert Theater als Leben und nicht nur Leben als Theater: Drama-Elemente (unter-)brechen die reale Handlungs-Ebene des Films.
Der Regisseur verrückt Grenzen, verwischt Genres und verlangt dem Zuschauer einige Geistesgegenwart ab, wenn er etwa eine hochdramatische Szene in eine Musical-Einlage überführt. Damit profiliert sich Rosenmüller weiter als bayerischer Kraftkerl in den Fußstapfen eines Rainer Werner Fassbinder: Sein Nachfolger ist zwar nicht so sozialkritisch, aber ähnlich produktiv.
Stil- und Genre-Jonglage
Erst vor wenigen Wochen kam Rosenmüllers Baghwan-Burleske «Sommer in Orange» auf die Leinwand. Nun folgt der «Sommer der Gaukler» – sein achter Kino-Film in sechs Jahren seit seinem Debüt «Wer früher stirbt, ist länger tot», das 2006 zum Überraschungs-Erfolg wurde.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Rosenmüllers Fan-Gemeinde begeistert sich für seine fast kindliche Freude am Jonglieren mit verschiedenen Stil- und Genre-Elementen. Das polarisiert fraglos, doch macht es ihn unter den hiesigen Nachwuchs-Regisseuren unverwechselbar. Selbst wenn er wie diesmal in eine überdreht-barocke Ausstattungs-Klamotte abdriftet.