
Ein Psycho-Drama über einen Psycho-Thriller: Alfred Hitchcocks «Psycho» ist der wohl berühmteste Horrorfilm aller Zeiten, und die spektakuläre Mord-Szene unter der Dusche in das visuelle Kollektiv-Gedächtnis eingegangen. Als virtuoses Bravourstück aus schrägen Perspektiven, schnellen Schnitten und schrillem Geigen-Stakkato, das den Schrecken mehr suggeriert als zeigt – und dadurch umso stärker wirkt.
Info
Hitchcock
Regie: Sacha Gervasi
98 min., USA, 2012;
mit: Anthony Hopkins,
Helen Mirren,
Scarlett Johansson
Hitchcocks Gattin in der Kino-Geschichte
Vordergründig handelt «Hitchcock» von der dramatischen und nervenaufreibenden Entstehungs-Geschichte von «Psycho». Tatsächlich geht es um die Rehabilitation von Alma Reville in der Kino-Geschichte.
Offizieller Filmtrailer
Für „Psycho“ verpfändet Hitchcock seine Villa
Sie war mit dem master of suspense 54 Jahre verheiratet und wirkte an sämtlichen Filmen mit: bei der Stoff-Entwicklung, als Ko-Autorin von Drehbüchern, in der Schnitt-Kontrolle und als guter Geist bei Schwierigkeiten aller Art. Hitchcock-Filme sind Gemeinschaftswerke eines Ehe-Paars; zurecht spielt Reville hier die zweite Hauptrolle.
Bis hin zum Einsatz ihres gesamten Hab und Guts: 1959 will Paramount die Produktion von «Psycho» nicht übernehmen. Hitchcock verpfändet seine Villa, um das Budget selbst zu finanzieren, und dreht den Film mit kleinem Team in nur 30 Tagen. Er spielt volles Risiko, seine Frau unterstützt ihn bedingungslos – und wenn er krank im Bett liegt, sieht sie am Set nach dem Rechten.
Hopkins verkörpert Hitchcock perfekt
Filme über das Filmemachen gibt es viele. Meist sind sie mäßig interessant; wie stets für Außenstehende, wenn Spezialisten Mühsal und Unbill ihres Berufsalltags ausbreiten. In «Hitchcock» ist das anders: Scherereien mit Studiobossen, Dreh-Probleme und Ärger mit der Zensurbehörde werden zu aufregend prickelnden Szenen.
Dank des lakonischen Witzes des Titelhelden, die Anthony Hopkins formvollendet verkörpert. Mit Fettanzug und reichlich kosmetischer Gesichts-Plastik gleicht er nicht nur Hitchcocks unverwechselbarer Erscheinung; auch dessen seltsam schnalzende Sprechweise ahmt Hopkins perfekt nach. Nur Helen Mirren kann er damit nicht beeindrucken: Schlagfertig weist sie sein selbstherrliches Gebaren in die Schranken.
Voyeurismus und Gewalt-Obsessionen
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau
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“Roman Polanski:
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mit Roman Polanski
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Und er war von Gewalt-Fantasien besessen: Was Gervasi anschaulich umsetzt, indem er den realen Serienmörder Ed Gein – Vorbild für Norman Bates in «Psycho» – durch Hitchcocks (Tag-)Träume geistern lässt. Gedemütigt und als Frau missachtet, lässt sich seine Gattin auf den Flirt mit einem erfolglosen Drehbuch-Schreiber ein. Erst das drohende Scheitern des Filmprojekts führt beide wieder zusammen: «Mit Dir zusammen zu leben ist nicht einfach, aber niemand kann Filme besser schneiden als Du».
Größter Kassenschlager
«Psycho» wurde Hitchcocks größter Kassenschlager. Er spielte 13 Millionen Dollar ein und machte beide Eheleute zu Multimillionären: Sie kassierten 40 Prozent des Gesamterlöses. Doch Revilles Beitrag zum Erfolg geriet in Vergessenheit. Den zu würdigen, gelingt diesem Film so so leichthändig wie amüsant – und natürlich spannend.