Leserinnen der Romane von Jane Austen ist vertraut, wie junge Frauen als Verhandlungsmasse für möglichst profitable Ehen behandelt werden; was Kostümfilme über England im späten 18. Jahrhundert ebenso vorführen. Das zeigt auch Regisseurin Amma Asante in ihrem Film „Dido Elizabeth Belle“ – allerdings aus äußerst untypischer Perspektive.
Info
Dido Elizabeth Belle
Regie: Amma Asante,
104 Min., Großbritannien 2014;
mit: Gugu Mbatha-Raw, Emily Watson, Sam Reid
Tochter von Admiral und Ex-Sklavin
Die dunkelhäutige Frau namens Dido Elizabeth Belle (1765-1808) ist die uneheliche Tochter eines Admirals der königlichen Marine und vermutlich einer ehemaligen Sklavin. Nach dem Tod ihrer Mutter gibt ihr Vater das Mädchen in die Obhut seines Großonkels Lord Mansfield (Tom Wilkinson), damals Oberster Richter des Landes, und dessen Gattin (Emily Watson). Auf deren Landgut wächst Dido wohlbehütet gemeinsam mit ihrer Halbcousine Elizabeth auf, die auf dem Gemälde neben ihr steht. Dido (großartig: Gugu Mbatha-Raw) erhält eine gute Ausbildung und erbt ein ansehnliches Vermögen.
Offizieller Filmtrailer
Alleine essen + nur als Anstandsdame tanzen
So ganz normal ist ihr Leben im Haushalt ihres Onkels doch nicht. Bei offiziellen Anlässen darf sie erst nach dem Essen informell zur Gesellschaft stoßen; als Halbcousine Elizabeth auf ihrem ersten Ball debütieren soll, ist sie nur als Begleitung vorgesehen. Dido ist darüber nicht glücklich, nimmt diese Zurücksetzung aber als gegeben hin.
Erst die Begegnung mit dem jungen John Devinier (Sam Reid) bringt sie zum Nachdenken. Der zukünftige Anwalt geht im Haus der Mansfields ein und aus; er stellt infrage, warum Dido allein speisen muss und kaum unter Leute kommt. Bald interessiert er sich nicht nur für ihre Rechte, sondern auch für sie als Person.
Liebeswunsch als Luxus einer reichen Erbin
Asante verwebt die wenigen verbürgten Fakten über die historische Person geschickt zu einem originellen Sittenbild des georgianischen Englands. Obwohl Dido adliger Herkunft ist, gehört sie als unehelich geborene Mulattin nicht zur besseren Gesellschaft, wie man sie außerhalb der Familie immer wieder spüren lässt. Da sie geerbt hat, ist sie nicht wie Elizabeth auf eine reiche Heirat angewiesen. Dido will sich aber auch nicht mit der für sie vorgesehenen Rolle einer Landgut-Verwalterin abfinden.
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films “Twelve Years a Slave” - fesselnde Sklaverei-Saga von Steve McQueen, mit Oscar 2014 als bester Film prämiert
und hier einen Bericht über den Film “Der Butler” – Biopic über schwarzen Diener im Weißen Haus von Lee Daniels mit Forest Whitaker
und hier eine Kritik des Films “Django Unchained” - umstrittener Italo-Western über Südstaaten-Sklaverei von Quentin Tarantino.
142 Sklaven ins Meer geworfen
Alles spielt sich vor dem historischen Hintergrund des Gerichtsverfahrens um das Massaker auf dem Sklavenschiff Zong ab: 1781 hatte dessen Besatzung 142 Afrikaner ins karibische Meer geworfen, um Wasser- und Lebensmittelvorräte zu sparen. Der Vorfall wurde von Abolitionisten als Musterbeispiel für die Grausamkeit des Sklavenhandels angeprangert. Für seine Abschaffung engagiert sich auch John Devinier; mit Didos Unterstützung versucht er, Lord Mansfield zu einem gerechten Urteil zu bewegen.
Seine Ziehtochter wird sich immer stärker ihres Außenseiterinnen-Status schmerzhaft bewusst und verflucht ihr Spiegelbild. Sie trägt herrschaftliche Roben, erfährt aber von einer farbigen Dienerin, wie sie ihre Haare kämmen muss. Um sich herum sieht sie nur Darstellungen von schwarzen, unterwürfigen Sklaven. Nur in ihrer Familie wird sie aufrichtig geliebt und akzeptiert: Ihr Großonkel adoptiert sie und gibt das Doppel-Porträt mit Elizabeth in Auftrag.
Kitschiges Finale
Zwar erzählt Regisseurin Asante auch eine Episode aus der Geschichte schwarzer Emanzipation, doch geht es in erster Linie um Didos Selbstfindung und ihre große Liebe – die ihre Halbcousine wahrscheinlich nie erleben wird. Finanzielle Unabhängigkeit gestattet Dido schließlich, ihren Gefühlen zu John Devinier nachzugeben, was das reichlich kitschige Finale halbwegs erträglich macht.