Ben Affleck

Gone Girl – Das perfekte Opfer

Nick Dunne (Ben Affleck) sucht seine Frau Amy (Rosamund Pike). Foto: 20th Century Fox
(Kinostart: 2.10.) Erdrückende Medien-Aufmerksamkeit: Ben Affleck gerät in Verdacht, seine verschwundene Gattin ermordet zu haben. Im hereinbrechenden Presserummel ist bald nichts mehr so, wie es scheint – was Regisseur David Fincher virtuos inszeniert.

Eine Frau verschwindet: Die schöne Amy Dunne (Rosamund Pike) wird seit dem Morgen ihres fünften Hochzeitstages vermisst. Ihr Ehemann Nick (Ben Affleck) bleibt hilflos und Mitleid erregend zurück. Doch aus Anteilnahme wird bald Misstrauen bis zum Mordverdacht. Nick verstrickt sich in Ungereimtheiten, seine Schuld scheint immer klarer zu werden – oder etwa doch nicht?

 

Info

 

Gone Girl -
Das perfekte Opfer

 

Regie: David Fincher,

149 Min., USA 2014;

mit: Ben Affleck, Rosamund Pike, Tyler Perry

 

Website zum Film

 

„Gone Girl – Das perfekte Opfer“ kommt wie ein Bilderbuch-Thriller daher: spannend, überraschend und raffiniert. Doch das ist nur der Deckmantel für eine bissige Mediensatire. Sie durchleuchtet die Mechanismen gut geölter Imagekampagnen und nimmt sie entlarvend auseinander, bis nur noch schöner Schein und ein Haufen Lügen übrig bleiben.

 

Lust- + kunstvolle Intrigen + Verstellung

 

Regisseur David Fincher, der mit Musikvideos und Werbespots anfing, kennt sich mit falschen Fährten und bösartigen Tricks auf der Leinwand bestens aus. Er drehte Erfolgsfilme wie „Fight Club“ (1999), „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ (2008) oder „The Social Network“ (2010). Auch in der aktuellen TV-Serie „House of Cards“ über die US-Machtzentrale Washington inszeniert er Intrigen und Verstellung lust- und kunstvoll.


Offizieller Filmtrailer


 

Von Eltern zur Kinderbuch-Heldin gemacht

 

Mit „Gone Girl“ verfilmt Fincher den gleichnamigen Bestseller-Romans von Gillian Flynn. Darin geht es um dunkle Geheimnisse einer Ehe, deren Partner mit der und um die Macht spielen; in einem Plot voller Perspektivwechsel, Zeitsprünge und unvorhersehbarer Wendungen. Als die Massenmedien ins Spiel kommen, bleibt die Wahrheit vollends auf der Strecke.

 

Nach Amys Verschwinden setzt sich die Maschinerie von Routine-Ermittlungen in Gang. Die Polizei dringt in Nicks Privatleben ein und sammelt Hinweise und Spuren. Amys Eltern haben ihre Tochter früher in der Öffentlichkeit als Heldin ihrer erfolgreichen Kinderbuch-Reihe „Amazing Amy“ inszeniert. Nun eilen sie herbei und bitten auf einer zu Tränen rührenden Pressekonferenz ihre Mitbürger um Hilfe.

 

Alle story-Projektionen satt haben

 

Schon parken die ersten TV-Übertragungswagen vor dem Haus der Dunnes in Missouri, das eben noch wie ein Abbild der heilen Welt in midwest America schien. Das Drama um die schöne, zerbrechliche Verschwundene als „perfektes Opfer“ und ihren all american Traummann ist ein gefundenes Fressen für Sensationsreporter.

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films “To the Wonder”  – einzigartig eigenwilliges Liebes-Drama von Terrence Malick mit Ben Affleck

 

und hier einen Bericht über den Film "Guilty of Romance" - packender Erotik-Psycho-Thriller um verschwundene Ehefrau von Sion Sono

 

und hier einen Beitrag über den Film "The Real American – Joe McCarthy" über Hexenjagden der 1950er-Jahre-Medien von Lutz Hachmeister.

 

Bald kommt Merkwürdiges ans Licht, zweideutige Sätze fallen, und eine junge Frau taucht auf, die eine geheime Telefonnummer von Nick hat. Ist er nun ein liebender Gatte oder heimtückischer Mörder? „Ich habe es satt, dass jeder seine Geschichte in mich hineinprojiziert“ schreit Nick: Im Umgang mit Medien agiert er ungelenk. Schlechte Voraussetzungen für jemanden, der seine Unschuld beteuert; kann man ihm trauen?

 

Unheil droht immer + überall

 

Dabei erscheint der Film im ersten Drittel seltsam hölzern: Schnitt, Sprachrhythmus, Kulissen – alles wirkt künstlich, stereotyp und leicht befremdlich. Man wähnt sich fast schon in einer klischierten Fernsehserie, als sich all das als Kunstgriff offenbart. Regisseur Fincher spielt virtuos mit Sehgewohnheiten, zitiert Kino- und TV-Geschichte und nutzt übliche Tricks, um Angst oder Misstrauen auszulösen.

 

Unheilsschwangere Musik unterlegt Aufnahmen von sterilen Räumen; stets haben sie viele Türen, durch die jederzeit das Unheil hereinbrechen könnte. Im Zentrum steht permanente Manipulation: Vertrauen scheint es in dieser Welt weder öffentlich noch privat zu geben. Finchers bitterböser Blick hinter die Kulissen eines perfiden Medienzirkus‘ wirkt immer ernüchternder. Täter und Opfer werden austauschbar; es zählen allein Bilder des schönen Scheins.