
Ein Mann läuft spätabends abgehetzt durch fast menschenleere Straßen einer Kleinstadt. Der letzte Zug nach Paris steht noch am Gleis des kleinen Provinzbahnhofs. Der Mann rennt so schnell wie möglich − doch in dem Augenblick, als er den Bahnsteig erreicht, schließen sich die Türen: Der Zug fährt ab. Verzweifelt blickt Marc (Benoît Poelvoorde) den Rücklichtern hinterher; er kommt wieder einmal zu spät.
Info
3 Herzen
Regie: Benoît Jacquot,
106 Min., Frankreich 2014;
mit: Chiara Mastroianni, Charlotte Gainsbourg, Catherine Deneuve
Herzattacke verhindert rendez-vous
Doch sie verabreden, sich nächste Woche im Pariser Park Jardin des Tuileries zu treffen. Beide sind überzeugt, ihren Idealpartner gefunden zu haben, doch ein Zwischenfall verhindert ein Wiedersehen: Am vereinbarten Tag erleidet Marc eine Herzattacke und verpasst dadurch sein rendez-vous mit Sylvie. Er fürchtet, sein Lebensglück verloren zu haben; ein endloses „Was-wäre-wenn“-Gedankenspiel lässt Marc seine vermeintliche Traumfrau nicht vergessen.
Offizieller Filmtrailer
Arg konstruierte Dreiecks-Geschichte
Glück oder Unglück? Schicksal oder Zufall? Zur rechten oder falschen Zeit am richtigen oder verfehlten Ort? Solche existentiellen Probleme wälzt Regisseur Benoît Jacquot in dieser Dreiecksgeschichte, einem romantischen Melodram mit Thriller-Untertönen. Allerdings verheddert sich der thematisch nicht uninteressante Film durch seine arg konstruierte Handlung in allerlei Unglaubwürdigkeiten.
Monate später kehrt Marc dienstlich in die Kleinstadt zurück, in der er damals den Zug verpasste, und lernt auf dem Finanzamt eine andere Schönheit kennen: Die Antiquitäten-Händlerin Sophie (Chiara Mastroianni) lebt in derselben Stadt. Mit ihr geht alles ganz leicht. Die beiden beginnen eine Liebesbeziehung; der glückliche Marc zieht aus Paris zu ihr in die Provinz.
Drehbuch voller fadenscheiniger Ausreden
Bald darauf plant das Paar seine Hochzeit. Was Marc nicht weiß: Sophie ist die Schwester von Sylvie, die mittlerweile mit ihrem Lebensgefährten in die USA ausgewandert ist. Erst nachdem sich Marc und Sophie das Ja-Wort gegeben haben, sehen sich alle drei wieder. Wieder einmal zu spät für Marc, der sich nun zwischen den beiden Schwestern hin- und hergerissen fühlt.
Die Personen-Konstellation des Filmes hätte viel Potential für ein spannendes Kammerspiel, doch eine plausible Geschichte wird nicht daraus. Regisseur Benoît Jacquot erfindet in seinem selbst verfassten, löchrigen Drehbuch eine fadenscheinige Ausrede nach der anderen, warum Marc und Sylvie nicht früher davon erfahren, wie nah sie sich wieder gekommen sind.
Wortloses Anstarren + rasche Flucht
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Die unerschütterliche Liebe der Suzanne" - ergreifendes Melodram über die Geliebte eines Drogen-Dealers von Katell Quillévéré
und hier eine Lobes-Hymne auf das Mehrgenerationen-Melodram “Die Liebenden – von der Last, glücklich zu sein” von Christophe Honoré mit Catherine Deneuve + Chiara Mastroianni
und hier einen Beitrag über den Film “Leb wohl, meine Königin!” - Historiendrama über Frankreichs Monarchin Marie Antoinette von Benoît Jacquot mit Léa Seydoux + Diane Kruger.
Richtig hanebüchen wird es, wenn die beiden verhinderten lover sich endlich wieder sehen. Regisseur Jacquot scheint kein Dialog für seine Protagonisten eingefallen zu sein: Ein ums andere Mal starren sich beide wortlos an, um rasch voreinander zu fliehen. Das ist so redundant wie nervtötend und ziemlich weit hergeholt: Man mag ihnen ihre Liebe und Seelenverwandtschaft nicht so recht glauben. Wenn sie sich schließlich heimlich in die Arme fallen, nimmt man ihnen diesen plötzlichen Ausbruch von Leidenschaft nicht ab.
Verloren in Nichtigkeiten
So verschenkt der Film nach viel versprechendem Anfang die emotionale Tiefe seines Themas; er plätschert glatt und bedeutungsschwanger dahin, bis er sich am Ende in Nichtigkeiten verliert. Da hilft auch die souveräne Catherine Deneuve als Mutter der Schwestern und ihr hübsches Haus mit Garten nichts: Alle Konflikte bleiben pure Behauptung und werden dem Zuschauer als Edelkitsch-Epos einer unsterblichen Liebe untergejubelt.