
Wenn ein Film gleich zu Anfang klarstellt, er sei „von Oma gefördert“ – so lautet der Name seiner Produktionsfirma –, darf man Handgemachtes erwarten. Cineasten erinnert das an Berliner mumblecore, etwa Filme von Axel Ranisch oder Jakob Lass. In der Tat stellt sich Regisseur Philipp Eichholtz in die Tradition des „Sehr gute Filme“-Manifestes von Ranisch.
Info
Liebe Mich!
Regie: Philipp Eichholtz,
82 Min., Deutschland 2014
mit: Axel Ranisch, Lilli Meinhardt, Christian Ehrich
Laptop fliegt aus dem Fenster
Schauplatz ist natürlich die Hauptstadt, durch die Hauptfigur Sarah (Lilli Meinhardt), Anfang 20, ständig hetzen muss. Es geht los mit einem Streit nach einer besoffenen Liebesnacht mit ihrem besten Freund. Der fühlt sich bedrängt und wirft sie aus der Wohnung; dabei geht nicht nur sein Fenster, sondern auch ihr Apple-Computer zu Bruch.
Offizieller Filmtrailer
Zurück ins Hotel Papa
Den braucht die Studentin aber dringend, um sich für einen Job als Designerin zu bewerben. Im PC-Laden kann man ihr nicht helfen; ihr Vater Dieter (Peter Trabner) will keinesfalls die nötigen 2000 Euro für ein neues, schickes Profi-Modell rausrücken. Er rät ihr, eigene Ideen zu entwickeln. Etwa die, ihre Wohnung an ein ausländisches Künstlerpaar unterzuvermieten – wofür sie allerdings die nächsten vier Monate ausziehen muss.
Papas Quartier soll derweil als Unterschlupf herhalten; davon ist dessen neue, schwangere Freundin wenig begeistert. Nur eines scheint gut zu klappen: Sarah trifft sich öfter mit dem netten Computerverkäufer Oliver (Christian Ehrig). Er kann zwar ihren kaputten Rechner nicht retten, stellt aber durch sein freundliches Wesen wenigstens ihren Glauben an die Männer wieder her.
Geldverdienen im Hühnerkostüm
Bisher ist Sarah mit Schmollmund und leicht verhuschtem Charme ganz gut durchs Leben gekommen; mit Anfang 20 wirkt das nicht mehr so recht; vor allem nicht bei ihrem geduldigen Vater, der sich um seine neue Kleinfamilie kümmern will. Zum Geldverdienen verteilt seine Tochter Prospekte im albernen Hühnerkostüm, doch sie träumt von einer Karriere als Grafikdesignerin, was Papa nicht für zukunftsträchtig hält – ganz abgesehen vom Wohnungsproblem.
Nacherzählt klingt die Handlung nach konventioneller Komödie. Aber Regisseur Eichholtz arbeitet gemäß der Vorgaben für „sehr gute Filme“: Sechs Seiten Drehbuch, zehn Drehtage und 4000 Euro Budget reichen ihm aus, um eine direkte und dabei reizende Geschichte zu erzählen. Die Dialoge sind improvisiert, die Kulissen sind real.
Passt in jede Franko-romcom
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films “Victoria” – Berliner Nachtleben-Krimi von Sebastian Schipper, mit sechs Deutschen Filmpreisen prämiert
und hier einen Bericht über den Film "Love Steaks" – rasant realistisches Liebesdrama von FOGMA-Regisseur Jakob Lass
und hier einen Beitrag über den Film "Ich fühl mich Disco" – Coming-Out-Komödie in Ostberlin von Axel Ranisch.
Dabei bleibt die Geschichte ganz im Hier und Jetzt. Dafür sorgen nicht nur das authentische setting, sondern die übrigen, liebenswerten Charaktere, die Sarah an ihre Grenzen stoßen lassen. Selbst ihr neuer lover Oliver, trotz seines Auftretens als teigiger nerd ein netter und verlässlicher Typ, kann ihre Eskapaden nur bis zu einem gewissen Grad ertragen.
Titel-Aufforderung folgen
Stilistisch wechselt der Film stimmig zwischen Ernsthaftigkeit und alberner Situationskomik; getragen von überzeugenden Darstellern wie Peter Trabert als Vater oder Manifest-Autor Axel Ranisch in einer Nebenrolle als verständnisvollem Freund. „Liebe Mich!“ ist eine leichte Sommerkomödie mit Ecken und Kanten; es fällt nicht schwer, der Aufforderung des Titels nachzukommen.