J.K. Simmons

Renegades – Mission of Honor

Eine Gruppe Navy SEALs wird von ihrem Boss Levin (J.K. Simmons) suspendiert. Foto: Univerum Film
(Kinostart 28.6.) Nazi-Gold und hübsche Patriotinnen: Fünf Navy SEALs rumpeln durch eine reichlich frivole Schatzsuche in Bosnien. Regisseur Steven Quale inszeniert vor dem Hintergrund des Balkankonflikts ein dubioses Action-Abenteuer.

In den ersten Minuten von „Renegades – Mission of Honor“ –  einer Geschichte, die während des Bosnienkriegs 1995 spielt, aber im Paris des Zweiten Weltkriegs beginnt – wähnt man sich im falschen Film. Übellaunige Nazis packen da Kunstgegenstände und vor allem viel Gold in Kisten und begeben sich vor den anrückenden Alliierten auf die Flucht. Die Szenen wirken wie Outtakes von George Clooneys „Monuments Men“, was vermutlich kein Zufall ist.

 

Info

 

Renegades - Mission of Honor

 

Regie: Steven Quale,

106 Min., Frankreich/ Belgien/ Deutschland/ USA 2017;

mit: J.K. Simmons, Sullivan Stapleton, Charlie Bewley, Sylvia Hoeks

 

Weitere Informationen

 

Bis der Bezug zwischen jenem Drama über gestohlene Kunstschätze und dieser aktuellen Luc-Besson-Produktion deutlich wird, inszeniert der durch Filme wie „Final Destination 5“ oder „Storm Hunters“ mehr oder eher weniger bekannte Regisseur Steven Quale eine ebenso furiose wie bizarre Anfangssequenz, die zumindest zum Teil den Ton vorgibt. Eine Truppe amerikanischer Navy SEALs ist in Ex-Jugoslawien auf der Jagd nach Kriegsverbrechern und hat sich als TV-Team ausgegeben, um mittels eines vorgetäuschten Interviews in die Nähe eines serbischen Generals zu kommen.

 

Mit dem Panzer durch Sarajevo

 

Da sich dieser dankenswerterweise in einem Keller aufhält, wo er von gerade einmal zwei Soldaten bewacht wird, fällt die geplante Entführung leicht. Doch bei der Flucht walzen die SEALs mit einem Panzer durch Sarajevo und stürzen sich schließlich beherzt in einen Fluss. Im Panzer. Was schon in den ersten Minuten klar macht, dass es hier mit Logik oder gar historischer Akkuratesse nicht allzu weit her ist.

Offizieller Filmtrailer


 

Die dreckigen Fünf im sauberen Stausee

 

Von der Entführung glücklich ins Lager zurückgekehrt, muss sich der Trupp um den Anführer Matt Barnes (Sullivan Stapleton) zwar eine Standpauke von ihrem Vorgesetzten Levin (J.K. Simmons) anhören, doch der meint es nicht so. Er weiß schließlich, was er an den dreckigen Fünf hat. Zu denen gehören neben Barnes noch Stanton Baker (Charlie Bewley), Ben Moran (Joshua Henry), Kurt Duffy (Diarmaid Murtagh) und Jack Porter (Dimitri Leonidas), die allesamt so aussehen, als seien bekanntere Schauspieler wie Jason Statham unbezahlbar gewesen.

 

Dank der Bosnierin Lara (gespielt von der Holländerin Sylvia Hoeks) beginnt nun endlich die eigentliche Geschichte, die wenig mit dem zeitgenössischen Bosnien – und schon gar nicht den Gräueln des damaligen Krieges – zu tun hat, dafür umso mehr mit den Mythen um verschwundenes Nazi-Gold. Nun schließt sich der Kreis zur Anfangssequenz: Auf dem Boden eines malerischen Sees liegen hunderte Tonnen Gold begraben. Dieses deponierten die Nazis einst auf der Flucht in einer Kirche, die schließlich durch den Bau eines Stausees auf dem Boden desselben landete.

 

Kaum ernst zu nehmen

 

Das Gold wollen die SEALs nun bergen, teils aus Eigeninteresse, aber auch, um der liebreizenden Lara zu helfen, die mit dem Geld den Wiederaufbau ihres durch den Krieg gebeutelten Landes unterstützen will. Größter Gegner ist dabei der serbische General Petrovic (gespielt vom Deutschen Clemens Schick), der immer dann auftaucht, wenn der Plot ihn gerade benötigt.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "The Monuments Men – Ungewöhnliche Helden" - über Kunst-Rettung am Ende des Zweiten Weltkriegs von + mit George Clooney

 

und hier einen Beitrag über den Film "Die irre Heldentour des Billy Lynn" - Kriegshelden-Porträt von Ang Lee

 

und hier eine Besprechung des Films "Zwischen Welten" - realistisches Kriegsdrama über Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan von Feo Aladag

 

Ernst nehmen kann man „Renegades – Mission of Honor“ kaum, viel zu zusammengeschustert ist dieses Action-Abenteuer, das im Gegensatz zu den besseren Besson-Produktionen auch nicht als harm- und hirnlose Unterhaltung überzeugt. Ähnlich wie „96 Hours“ oder „From Paris with Love“ nimmt sich zwar auch „Renegades – Mission of Honor“ selbst nicht ernst, will weder Historienfilm sein, noch etwas Relevantes über die wirkliche Welt erzählen. Aber kann man es ihm als Zuschauer so leicht machen und ihn als pures Popcornkino sehen?

 

Kein realistisches Geschichtsbild

 

Nicht nur den Zweiten Weltkrieg, die Nazis und damit den Holocaust, sondern auch gleich noch den Bosnienkrieg und damit die Gräuel eines der blutigsten Konflikte, die in den letzten Jahrzehnten auf europäischem Boden stattgefunden haben, als Hintergrund für eine Abenteuergeschichte zu verwenden, mutet reichlich frivol an. Zumal sich der von Bessons EuropaCorp produzierte Film so gar keine Mühe gibt, auch nur ansatzweise ein realistisches Bild des Balkan-Staates zu zeigen: Gedreht wurde größtenteils im Studio Babelsberg in Potsdam und Brandenburg, immerhin auch in Kroatien.

 

Doch schon einheimische Schauspieler sucht man vergebens. Klar, Clemens Schick gibt den finsteren Antagonisten mit Inbrunst, und Sylvia Hoeks ist vor allem attraktiv – aber bosnisch ist sie ebenso wenig wie der Name Lara. Vielleicht ist ein gewisses Maß an historischer Genauigkeit jedoch zu viel verlangt, wie auch der Wunsch nach einigen Momenten, die den Balkan-Konflikt nicht nur als bloßes Hintergrundrauschen benutzen. Hier zählt offenbar nur der Unterhaltungswert – doch auch der ist in diesem Action-Abenteuerfilm nur in wenigen Momenten vorhanden.