
Der finnische Regisseur Timo Vuorensola weiß genau, wie man potentielles Kinopublikum auf die Folter spannt. 2012 machte seine gut platzierte Online-Kampagne mit witzigen Trailern neugierig auf die Nazi-SciFi-Trash-Komödie „Iron Sky“; damit gelang ihm, zehn bis 15 Prozent des Budgets von 7,5 Millionen Euro per Crowdfunding einzutreiben. Zudem erlebte der Film seine Premiere auf der Berlinale.
Info
Iron Sky 2:
The Coming Race
Regie: Timo Vuorensola,
90 Min., Belgien/ Finnland/ Deutschland 2019;
mit: Udo Kier, Julia Dietze, Lara Rossi
Hunger in der Mondbasis
Die Story beginnt zwanzig Jahre nach dem ersten Teil. Nach einem Atomkrieg mit den Mond-Nazis ist die Erde unbewohnbar geworden; die wenigen Überlebenden haben sich in eine alte NS-Basisstation auf der dunklen Seite des Mondes zurückgezogen. Dort werden langsam die Vorräte knapp. Bald werden die letzten Menschen verhungern, falls nicht die altersschwache Mondbasis ohnehin schon vorher auseinander bricht. Nur ein paar Aufrechte wehren sich dagegen; darunter Obi Washington (Lara Rossi), die Tochter von Renate Richter und James Washington, dem Liebespaar im ersten Teil.
Offizieller Filmtrailer
Nokia-Mobiltelefon rettet die Welt
Ein Raumschiff von der Erde bringt neue Hoffnung, denn es transportiert kostbare Fracht: eine Karte zum Eingang ins Innere der Erde. Dort leben Reptilmenschen in Saus und Braus, die in ihrer Tarnung als Präsidenten und Diktatoren seit Jahrhunderten die Geschicke des Planeten lenken. Hier winkt Rettung – also machen sich Obi, ihr Kleiderschrank von Kumpel Malcolm (Kit Dale) und der russische Ingenieur Sasha (Vladimir Burlakov) auf, das Erdinnere zu erobern.
Dieser Plot ist weder neu noch überraschend; er variiert nur altbekannte SciFi- und Western-Motive. Zudem verschießt der Regisseur bereits in den ersten fünf Minuten sein kreatives Pulver. Zwar gibt es ein paar hübsche Einfälle: So hat Apple-Mitgründer Steve Jobs eine Sekte hinterlassen, deren Mitglieder in Weiß gekleidet allesamt Apple-Produkten huldigen. Und ein altes Nokia-Mobiltelefon hilft entscheidend bei der Rettung der Welt; es kommt ebenso aus Finnland wie Regisseur Vuorensola und Produzent Tero Kaukomaa.
Lieblos halbherziges Drehbuch
Doch solche Scherze haben geringe Haltbarkeitsdauer; sie hätten beim ursprünglich geplanten Filmstart 2015 wohl besser gezündet. Auch die Bezüge auf diverse Verschwörungstheorien, etwa die über außerirdische Echsenmenschen, sind nur halbherzig ausgeführt und hinterlassen den Eindruck von liebloser Wurschtigkeit des Drehbuchs.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Iron Sky" - Nazi-Science-Fiction-Komödie von Timo Vuorensola mit Udo Kier als Hitler-Nachfolger
und hier einen Beitrag über den Film "Er ist wieder da" – brillant sarkastische Satire über Hitlers Rückkehr von David Wnendt
und hier einen Bericht über den Film "Die Blumen von gestern" - halsbrecherische Tragikomödie über NS-Zeit-Aufarbeitung von Chris Kraus
und hier eine Besprechung des Films "Arteholic" - schräge Hommage an Udo Kier als Kunstsüchtigen von Hermann Vaske.
Saurier-Rennen wie im Sandalenfilm
Beides gerät aber in „Iron Sky 2“ zu professionell, obwohl die Darsteller bewusst übertreiben und lahm durch die Szenerie stolpern. Man kann dem Film allenfalls zugute halten, er sei eine Verbeugung vor den Pappmaché-Kulissen in geläufigen Genre-Klassikern wie „Plan 9 aus dem Weltall“ (1959) oder „Angriff der Killertomaten“ (1978).
Schlicht dämlich wird es, wenn sich Echsenmenschen wie Stalin, Facebook-Chef Mark Zuckerberg und die US-Rechtsaußen-Politikerin Sarah Palin an einem Abendmahl-Tisch wie von Leonardo da Vinci treffen. Oder im Inneren der Erde ein Saurier-Rennen mit Streitwagen ausgetragen wird – als Referenz an Sandalenfilme der 1960er Jahre. Letztlich ist dieses Sequel nur der missratene Versuch, ein großmäuliges Versprechen einzulösen. Hoffentlich hält sich der Regisseur mit weiteren zurück.