Luca Guadignino

Challengers – Rivalen

Art (Mike Faist) und Patrick (Josh O`Connor) können kaum glauben, dass Tashi (Zendaya) in ihrem Hotelzimmer auftaucht. Foto: © Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc.
(Kinostart: 25.4.) Drei sind keiner zu viel: Im Gewand einer Screwball-Komödie revitalisiert das Liebesdrama von Regisseur Luca Guadignino das außer Puste geratene Genre des Sportfilms. Der Film porträtiert die Tennis-Karrieren und das Privatleben eines gemischten Trios so gnadenlos wie vergnüglich.

„Es ist eine Beziehung“ erklärt Tashi Duncan (Zendaya) den beiden Jungs, die ihr wie Welpen hinterher trotten, seit sie sich am Nachmittag bei einem Tennis-Turnier kennengelernt haben. Art Donaldson (Mike Faist) und Patrick Zweig (Josh O’Connor) können ihr Glück kaum fassen, dass dieses attraktive Mädchen, das zudem unglaublich gut Tennis spielt, sich für sie interessiert. Zu vorgerückter Stunde setzt das Trio seine Unterhaltung auf einem Hotelbett fort.

 

Info

 

Challengers – Rivalen

 

Regie: Luca Guadagnino,

131 Min., USA 2024;

mit: Zendaya, Mike Faist, Josh O`Connor

 

Weitere Informationen zum Film

 

Auch um Liebesbeziehungen wird es sich in dem  Film drehen. Doch wenn Tashi über Beziehungen redet, geht es im Moment noch um Tennis. Sie spricht von der Beziehung zu ihrer Gegnerin – eine Affäre für die Dauer eines Matches. Der Sport dient in diesem Psychothriller, den Regisseur Luca Guadagnino in das Gewand einer Screwball-Komödie kleidet, als Metapher für Selbstbestimmung, Sex, Macht und natürlich Kommunikation.

 

Zwei unbedarfte Profis

 

Dass man Tennis als Prisma versteht, durch das sich die Welt erfahren lässt – das können Art und Patrick durchaus nachvollziehen. Schließlich sind die 18-Jährigen selbst angehende Profi-Spieler. Allerdings gehen die beiden, verglichen mit ihrer abgebrühten Kollegin, ihre Laufbahn noch blauäugig und unbedarft an.

Offizieller Filmtrailer


 

Powerpaar am Scheideweg

 

Bald jedoch beendet eine Knieverletzung Tashis Karriere. Ihren unbändigen Willen zu siegen kann sie fortan nur noch an der Seitenlinie ausleben: Tashi wird Arts Trainerin und Ehefrau. Ein Jahrzehnt später steht der ganz oben in der Weltrangliste. In der Öffentlichkeit geben die beiden das dynamische power couple, sind überlebensgroß auf Werbeplakaten in der Stadt präsent. Im Privaten geht es dagegen unterkühlt zu. Ihre Beziehung wirkt so steril wie die Hotelzimmer, in denen sie wohnen.

 

Eigentlich will Art seine aktive Tennis-Laufbahn beenden. Doch er ahnt, dass seine Frau sich dann gar nicht mehr für ihn interessieren wird. Also muss wenigstens ein Grand-Slam-Titel her – ein Sieg in allen vier relevanten Turnieren des Jahres. Dummerweise durchlebt er gerade ein Formtief. Tashi versucht zu retten, was zu retten ist und überzeugt ihn, bei einem drittklassigen Turnier anzutreten. Sie glaubt, dass er dort sein Selbstvertrauen zurückgewinnen kann.

 

Wiedersehen nach zehn Jahren

 

Unerwartet trifft er dort auf Patrick. Damals am Sportinternat waren sie beste Freunde und trugen die Ehrennamen „Fire“ und „Ice“.  Auch wenn es nie ausgesprochen wird – schnell wird klar, wer Feuer war und wer Eis. Patrick war das genialische, überbordende Talent. Art dagegen brachte die Eigenschaften mit, die es braucht, um wirklich oben mitzuspielen, zum Beispiel Disziplin.

 

Seitdem ist Patrick offenbar einige Male falsch abgebogen. Vielleicht hat er auch das Ende seiner Beziehung mit Tashi nicht verkraftet – bevor sie sich Art zuwandte, waren die beiden ein Paar. Jedenfalls wohnt er jetzt im Auto, weil er kein Motel bezahlen kann. Er quasselt sich durch dröge Tinder-Dates, um während eines Turniers wenigstens in einem richtigen Bett zu schlafen. Das Wiedersehen des Trios wird zum fulminanten Showdown – auf dem Platz und jenseits davon.

 

Gefühlskarussell mit Zeitsprüngen

 

Wie in seiner queeren Sommerfrische-Lovestory „Call Me By Your Name“ (2017) fängt Luca Guadagnino ein, wie Emotionen sich entwickeln, manifestieren und ins Gegenteil verkehren. All das wird getragen von bemerkenswerter Chemie zwischen den drei Hauptfiguren. Anders als bei vielen Dreiecksgeschichten, in denen sich zwei Männer ein weibliches love interest teilen, fahren die Gefühle hier reihum Karussell. Denn auch Art und Patrick verbindet mehr als eine nur kumpelhafte bromance.

 

Über einen Zeitraum von 13 Jahren springt das Comedy-Drama auf der Zeitebene hin und her, angetrieben von einem atemlosen Soundtrack. Diese dramaturgische Methode lässt die Zuschauer immer nur genug wissen, um das Geschehen einzuordnen, ohne dass dabei die Spannung leidet. Leider gerät der Erzählfluss durch diese Sprünge bisweilen ins Stolpern; weniger wäre da mehr gewesen.

 

Lebendige Menschen an leblosen Orten

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Bones and All" – Porträt junger Kannibalen von Luca Guadagnino

 

und hier eine Besprechung des Films "Suspiria" – originelle Neuinterpretation des Giallo-Horrorklassikers von Dario Argento durch Luca Guadagnino

 

und hier einen Bericht über den Film "Call me by your Name" – betörend stimmungsvolles Coming-Out-Drama von Luca Guadagnino

 

und hier eine Beitrag über den Film "Malcolm & Marie" – pointiertes Kammerspiel über Schlagabtausch eines ungleichen Paars von Sam Levinson mit Zendaya.

 

Größtenteils jedoch überzeugt diese Geschichte, die nur vordergründig banal ist: Subtile Andeutungen sorgen für frische Perspektiven auf die Figuren und die Strategien, die sie verfolgen. Das Drehbuch verzichtet dabei auf didaktisches Psychologisieren. Umso sinnlicher sind die Bilder, die die Kamera einfängt. Die versenkt sich regelrecht in die Körperlichkeit der Protagonisten. Mal schwitzen und leiden sie, dann wieder sind sie lebensprall oder einfach sexy. So lebendig wirkten Körper auf der Leinwand selten.

 

Verstärkt wird das durch den Kontrast zu den leblosen Orten, an denen sie sich bewegen. Dem Regisseur gelingt es, mit der Distanz eines Fremden auf das provinzielle US-Ambiente zu blicken: protzige Hotels, öde Sportstätten, schmucklose Gastronomie. Darüber hinaus sorgt die Kamera immer wieder für Überraschungsmomente. Etwa, wenn sie im Showdown die Perspektive eines Tennisballs einnimmt. Derartige Experimente funktionieren jedoch nicht immer, manchmal sind sie arg dick aufgetragen.

 

Gemischte Genres

 

Guadagnino kann bereits ein beeindruckend breites Portfolio vorweisen: Es enthält unter anderem ein Remake des Horrorklassikers „Suspiria“ (2018), den eigenwilligen Genre-Mix „Bones and All“ (2022) über zwei junge Kannibalen sowie den Psychothriller „A Bigger Splash“ (2015). Für diesen Genre-Mix ist seine Dramödie aus der Tenniswelt allemal eine Bereicherung. Allzu oft folgen Sportfilme einer arg vorhersehbaren Dramaturgie – selten präsentiert sich dagegen einer so kurzweilig und doppelbödig wie „Challengers – Rivalen“.