Das Hollywood-Debüt des dänischen Regisseurs Niels Arden Oplev verlangt dem Zuschauer einiges ab, besonders zu Beginn. In der rührseligen Auftaktszene etwa wird ein Vater mit Baby auf dem Arm moralisch; er gibt dem Film die Losung auf den Weg: «Selbst ein beschädigtes Herz kann geheilt werden.»
Info
Dead Man Down
Regie: Niels Arden Oplev,
110 Min., USA 2012;
mit: Colin Farrell, Noomi Rapace, Isabelle Huppert
Harte Jungs + mysteriöse Schönheit
Doch nach diesem Anfang entwickelt sich der Film zu einem durchaus spannenden Thriller, dessen überraschende Wendungen manche Klischees vergessen machen. Natürlich spielt er mit den gewohnten Versatzstücken des Genres. Es gibt harte Jungs mit weichem Kern, noch härtere Jungs mit weicher Birne und eine mysteriöse Schönheit, die alles durcheinander bringt.
Offizieller Film-Trailer
Foto-Puzzlestücke per Post
Der Held Victor (Colin Farrell verzieht wie üblich keine Augenbraue) scheint in die kriminelle Angelegenheit irgendwie hineingeraten zu sein. In ihrem Zentrum steht Alphonse (Terrence Howard); dessen Leben rettet Victor in der ersten Schießerei. Nun hat er einen Stein im Brett beim Gangsterboss. Der erhält seit einiger Zeit per Post geheimnisvolle Puzzlestücke eines Fotos, die auf ihn bedrohlich wirken; er fürchtet um seinen Kopf.
Victor lebt in einem seelenlosen Wohnblock irgendwo in den abgelegeneren boroughs von New York. Vom Balkon gegenüber lächelt ihm die halbseitig vernarbte Beatrice zu (Noomi Rapace mal verletzlich, mal sprunghaft); sie hat allerdings mehr im Sinn als nur scheue Kontaktaufnahme. Sie beobachtete, wie Victor im Bad seiner Wohnung einen Mord beging.
Zwischen Action, Romanze + Thriller
Beatrice bietet Victor eine Art Gegengeschäft an. Sie verpfeift ihn nicht bei der Polizei, dafür soll er einen zweiten Mord begehen: an dem Mann, der sie mit einem Auto überfuhr und ihr Gesicht entstellte. Doch auch Victor befindet sich auf einem Rachefeldzug. Seine Frau und Tochter wurden getötet, weil er einer Gangsterbande in die Quere kam. Nun hat er sie infiltriert, um die Mörder zu jagen – und natürlich den Drahtzieher: Alphonse.
Regisseur Niels Arden Oplev wurde mit seiner Verfilmung des Bestsellers «Verblendung» von Stieg Larsson international bekannt. Daran will er mit seiner ersten US-Produktion anknüpfen, doch die Verschränkung von Actionreißer, Liebesromanze und Thriller bereitet ihm einige Mühe.
Kamera mit Sonnenbrille
Zwar gelingt es dem Drehbuch, die verworrenen Handlungsfäden schrittweise zu entdrillen und stellenweise sogar Humor aufblitzen zu lassen. Dagegen bemüht Kameramann Paul Cameron durchgängig abgedunkelte Bilder, als hätte er seiner Kamera eine Sonnenbrille aufgesetzt. Das unterstützt die düstere Grundstimmung, führt aber auch dazu, dass man sich mitunter die Augen reibt.
Hier treffen zwei ungewollte Revanchisten aufeinander, doch ihre Rache ist keinesfalls süß oder leicht durchzuführen. Victor versucht es mit generalstabsmäßiger Planung, Ingenieurs-Wissen und dem Zorn eines Mannes, der alles verloren hat. Beatrice leidet unter ihrem entstellten Äußeren, will sich als gelernte Kosmetikerin aber nicht die Hände schmutzig machen, sondern pragmatisch nutzen, dass ihr Nachbar ein Mörder ist.
Hellgrüne Hasenpfote als Glücksbringer
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Kritik des Action-Thrillers "Gangster Squad" über Banden-Kämpfe im L.A. der 1940er Jahre mit Sean Penn + Nick Nolte
und hier eine Besprechung des Films “Django Unchained” von Quentin Tarantino über einen Rachefeldzug in den US-Südstaaten
und hier einen Beitrag über den Film "Savages" von Oliver Stone über den Drogen-Krieg in Kalifornien.
Dem Film merkt man an, dass Regisseur Oplev hin- und hergerissen ist zwischen dem Anspruch, ein existenzialistisches Drama nur schwer abzukühlender Leidenschaften entwerfen zu wollen, und der Inszenierung von Action um ihrer selbst willen. Den Glücksbringer einer hellgrünen Hasenpfote, die eine wichtige Nebenrolle spielt, hat Oplev wohl auch selbst nicht aus der Hand gegeben.
«Dead Man Down» ist bei allen lässlichen Genre-Stereotypen solide gemacht, unterhält gut und gibt am Ende eine Lehre mit auf den Heimweg, selbst wenn man keine Rache-Aktion plant: Es ist immer gut, einen Plan B vorbereitet zu haben!