
Es gibt nicht mehr viele Filmschaffende, die noch die große Zeit der Hollywood-Studios mit ihren allmächtigen Studiobossen und entrückten Stars hautnah miterlebt haben. Einer von ihnen ist Warren Beatty: Er wurde 1967 als gentleman gangster in „Bonnie und Clyde“ berühmt; danach führte der Schauspieler ab und zu auch Regie. Nach langer Leinwand-Abstinenz hat Beatty nun eine Komödie gedreht, die einen nostalgischen, aber reflektierten Blick auf jene Epoche wirft.
Info
Regeln spielen keine Rolle - Rules Don't Apply
Regie: Warren Beatty,
127 Min., USA 2016;
mit: Alec Baldwin, Warren Beatty, Lily Collins, Alden Ehrenreich
Liebe mit Hindernissen
Als Frank und Maria einander zum ersten Mal sehen, ist es sofort um beide geschehen. Doch eine Beziehung würde nicht nur gegen ihre religiösen Überzeugungen verstoßen, sondern auch gegen Hughes‘ eiserne Firmenpolitik: Allen Angestellten ist der persönliche Kontakt mit den starlets untersagt. Dieser Umstand und der alles andere als glamouröse Alltag in der Traumfabrik, der schon bald seinen Zauber verliert, stellt beide auf die Probe.
Offizieller Filmtrailer
Filmemachen ist wie Erbrechen
„Regeln spielen keine Rolle“ ist offenkundig ein Alterswerk des inzwischen 80-jährigen Regisseurs, der hier auch als Drehbuch-Autor, Schauspieler und als einer von vielen Produzenten in Erscheinung tritt. Seit seiner letzten Filmrolle in „Stadt, Land, Kuss“ sind 15 Jahre vergangen, in denen er sich als Rentner um seine Familie kümmerte. Doch der Wunsch, ans set zurückzukehren, war wohl übermächtig. In einem TV-Interview hat Beatty kürzlich das Filmemachen mit dem Sich-Übergeben verglichen: Zuerst sei da ein gewisses Rumoren, dann käme immer mehr hoch, bis es nicht mehr aufzuhalten sei.
Das merkt man dem Film an. Die Geschichte zweier junger Menschen im Haifischbecken Hollywood scheint lange gereift zu sein. Beattys Inszenierung lässt Schauspiel-Kollegen wie seine Ehefrau Annette Bening als Mutter, Alec Baldwin und Candice Bergen in Nebenrollen sowie die jugendlichen Hauptakteure zwischen psychologischem Ernst und schrulligem Humor glänzen. Beatty verwebt geschickt die reale Person des legendären Exzentrikers Hughes mit den fiktiven Charakteren Marla und Frank. Sie stehen für die junge Generation, die in den 1970er Jahren das progressive „New Hollywood“ prägen sollte.
Platzhirsch mit vielen Marotten
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Hail, Caesar!" - aberwitzige Komödie über das Hollywood-Studiosystem von Joel + Ethan Coen mit großer Starbesetzung
und hier einen Bericht über den Film "Café Society" - romantische Komödie über Hollywood + Jazz-Clubs der 1930er Jahre von Woody Allen
und hier einen Beitrag über den Film „The Artist“ – brillante Hommage auf Hollywoods „Goldene Ära“ von Michel Hazanavicius, mit fünf Oscars 2012 prämiert.
Sie will selbst songs schreiben und komponieren; tatsächlich singt sie das anrührende Titelstück des Films. Frank hat auch keine Ambitionen in der Filmbranche; stattdessen wartet er auf eine Gelegenheit, Hughes seine eigenen Geschäftsideen vorzutragen.
Altersmilder Blick
Schließlich gelingt es beiden, in dessen Dunstkreis zu gelangen. Ihren Gefühlen dürfen sie aber nicht nachgeben: Die puritanischen Konventionen sind einfach zu mächtig. Fünf Jahre später sieht das anders aus: Marla ist in ihre Kleinstadt zurückgekehrt, Frank ist Hughes‘ Assistent, aber die Welt hat sich inzwischen sehr verändert – und ermöglicht eine Art happy end.
All das erzählt Beatty gemächlich in wohlgesetzten Bildern und interieurs, die mit sichtbarer Kenntnis und Freude am Detail ausgestattet wurden: ein altersmilder Blick auf das sich wandelnde Filmgeschäft, verpackt in einer so freundlichen wie altmodischen Geschichte über das Erwachsenwerden, Liebe und Selbsterkenntnis – also das Leben selbst.