Man kann Sir Ridley Scott sicherlich einiges vorwerfen, aber gewiss keine Faulheit. Nach mehr als 30 Filmen dreht er immer noch jährlich einen weiteren – obwohl er schon 83 Jahre alt ist. Unter seinem Tempo leidet allerdings bisweilen die Qualität; vor allem, wenn es um das x-fache Fortspinnen der Alien-Saga oder komplexere Stoffe als nur imposant inszenierte Schwertkämpfe hoch zu Ross geht.
Info
The Last Duel
Regie: Ridley Scott,
152 Min., Großbritannien/ USA 2021;
mit: Matt Damon, Adam Driver, Ben Affleck, Jodie Comer
Weitere Informationen zum Film
Duell von Gericht angeordnet
Nun haben Damon und Affleck das Skript für ein Historien-Epos geschrieben; unter Beteiligung der Filmemacherin Nicole Holofcener. Nach wahren Begebenheiten zeichnet es den Verlauf des letzten Duells zweier Edelmänner im spätmittelalterlichen Frankreich nach, das von einem Gericht angeordnet wurde. Die Handlung ist im 14. Jahrhundert angesiedelt.
Offizieller Filmtrailer
Nach dem Vorbild von „Rashomon“
Anlass für den Zweikampf auf Leben und Tod ist die schöne Marguerite (Jodie Comer). Sie behauptet, vom attraktiven Knappen Jacques Le Gris (Adam Driver) vergewaltigt worden zu sein. Daraufhin fordert ihr Gatte, der Ritter Jean de Carrouges (Matt Damon), Le Gris zum Gefecht heraus – er war zuvor sein bester Freund. In der Nebenrolle des Lebemanns Comte Pierre d’Alençon tritt Ben Affleck auf.
Wie es zum fatalen Vorfall zwischen Marguerite und Le Gris kommt, spielt „The Last Duel“ in drei Versionen durch, jeweils aus der Perspektive eines der Beteiligten. Dieses Prinzip etablierte der japanische Regisseur Akira Kurosawa mit seinem Klassiker „Rashomon“ (1950) in der Kinogeschichte; ebenfalls am Beispiel einer Vergewaltigung. Doch anders als bei Kurosawa benutzt Scott die verschiedenen Varianten nicht zur Relativierung von Wahrheit, sondern zu ihrer Bestätigung: Marguerite ist kein Fehltritt vorzuwerfen.
Weibliche Stimmen zählen wenig
Das folgende Duell soll nicht ihr Ansehen retten, sondern die Ehre ihres Mannes, der sie einst in einem ehrlichen Handel erworben hat – wie andere ein Stück Vieh. Unter der routinierten Regie von Scott wird daraus ein passables Historiendrama. Es verhandelt Recht und Unrecht in einer Gesellschaft, in der weibliche Stimmen wenig zählten; zumindest, wenn um Wahrheit und Gesetz ging.
Hintergrund
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Duell-Regisseur seit 1977
Mit jedem Blickwechsel offenbart sie feine Nuancen; wenn etwa ein unschuldiger Kuss plötzlich an weit reichender Bedeutung gewinnt. Oder in der Vergewaltigungsszene, in der Le Gris sie zum Schweigen anhält – nur um kurz darauf in der Öffentlichkeit alle Schuld abzustreiten.
Für Regisseur Scott ist dieser Stoff ein Heimspiel: Schon sein Debüt „Die Duellisten“ (1977) handelte vom jahrelangen Zweikampf zweier Rivalen in der napoleonischen Armee. Seither hat er etliche Gefechte Mann gegen Mann optisch fesselnd in Szene gesetzt: etwa im Kassenschlager „Gladiator“ (2000), in dem Russell Crowe ganze Legionen von Gegnern niedermäht.
Auch in „The Last Duel“ stellt Scott seine Virtuosität bei choreografierten Action-Sequenzen unter Beweis. Zudem nimmt sein langjähriger Kameramann Dariusz Wolski auch die schlichte Schönheit karger mittelalterlicher Bauten und rauer Landschaften eindrucksvoll auf.