Ben Affleck

Hypnotic

Danny Rourke (Ben Affleck) und Diana Cruz (Alice Braga) wollen gemeinsam die vermisste Tochter finden. Foto: Telepool Filmverleih
(Kinostart: 10.8.) Dem Hypnotiseur ist nichts zu schwör: Regisseur Robert Rodriguez pumpt Hypnose zur sagenhaften Superfähigkeit auf, die jedermanns Bewusstsein im Nu kontrollieren kann. Doch dem durchs alberne Action-Szenario stolpernden Ben Affleck glaubt man seine enormen Geisteskräfte keine Sekunde lang.

Mit Hypnose werden Menschen in eine spezielle Form von Trance versetzt: In diesem tief entspannten Wachzustand ist die Aufmerksamkeit sehr eingeschränkt oder auf wenige Inhalte ausgerichtet. Das Verfahren wird vor allem therapeutisch eingesetzt; zur Behandlung von Ängsten und Depressionen, Suchtkrankheiten, Sprech- oder Schlafstörungen und sogar Neurodermitis. Selbsthypnose ohne fremden Hypnotiseur ist mit Autogenem Training und Meditation verwandt.

 

Info

 

Hypnotic 

 

Regie: Robert Rodriguez,

93 Min., USA 2023;

mit: Ben Affleck, Alice Braga, William Fichtner, JD Pardo

 

Website zum Film

 

Nichts davon kommt in „Hypnotic“ vor. Der Thriller von Regisseur Roberto Rodriguez dreht sich stattdessen um die „Hypnotics“: eine Geheimdienst-Spezialeinheit aus extrem fähigen Hypnotiseuren, die kraft ihrer Gedanken das Bewusstsein ihrer Mitmenschen kontrollieren können. Ben Affleck, Hollywoods kantigster Schauspieler-Hüne, spielt den Cop Danny Rourke. Seine kleine Tochter wurde entführt, seit Jahren sucht er sie verzweifelt – ein klassischer MacGuffin, der die einzelnen Stationen des Films kaum zusammenhält.

 

Lizenz zum unmotivierten Krachenlassen

 

Denn Regisseur Rodriguez nimmt die Prämisse, dass fabelhafte Meister-Hypnotiseure jedem alles Mögliche vorgaukeln können, als Lizenz, um es unmotiviert ordentlich krachen zu lassen. Danny Rourke wird erst Zeuge eines Banküberfalls, bei dem ein mysteriöser Bösewicht namens Dellrayne (William Fichtner) im Handumdrehen harmlose Zeitgenossen in gewissenlose Killermaschinen verwandelt. Samt zweier Polizisten, die sich direkt vor ihm gegenseitig umnieten.

Offizieller Filmtrailer


 

Nach Belieben im Gehirn herumfuhrwerken

 

Um das traumatische Erlebnis zu verarbeiten, geht Rourke schnurstracks zur Wahrsagerin Diana Cruz (Alice Braga) – wohin sonst? Noch bevor sie ihm enthüllt, dass sie selbst und Dellrayne früher zur Hypnotics-Einheit gehörten, fällt dessen nächster Scherge auf einem Motorrad über die beiden her. Auf der Polizeiwache ist es dann ein Kollege von Rourke, der urplötzlich beiden den Garaus machen will. Warum Ben Affleck aus all dem ungeschoren hervorgeht? Weil sein Bewusstsein von Anderen nicht beherrscht werden kann – er ist der stärkste Hypnotiseur von allen, wie sich zum Schluss herausstellt.

 

Auf diese Weise stolpert der Film von Station zu Station: Rourke und Cruz schlagen irgendwo auf und lassen sich von irgendwelchen Leuten mit Infos über die supergeheimen Hypnotics-Agenten und Töchterleins Verbleib versorgen – bis alles bei Katastrophenszenen im Nu mit viel Getöse untergeht. Wie das eben so ist, wenn Gegenspieler nach Belieben in den Gehirnwindungen herumfuhrwerken können. Ist ja nicht tragisch, weil nur durch Hypnose suggerierte Illusion, wie sich an der nächsten Station herausstellt.

 

Ist alles denkbar, wird alles egal

 

Wobei die schlecht begründete Episodenstruktur nicht das größte Problem des Films ist. Sondern der Umstand, dass Regisseur Rodriguez seine eigene Ausgangsidee, an der er 20 Jahre lang herumgebastelt haben will, nicht ernst nimmt. Unter Hypnose kann man Personen zu vielem verleiten, aber nicht gegen ihren Willen: Sie müssen der Hypnose zustimmen, damit ihr Trancezustand eingeleitet und später wieder aufgelöst werden kann. Sonst leistet ihr Bewusstsein dagegen Widerstand.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Trance – Gefährliche Erinnerung" – Psycho-Thriller über Kunstraub unter Hypnose von Danny Boyle

 

und hier eine Besprechung des Films "Der Hypnotiseur" – spannungsgeladener schwedischer Action-Thriller von Lasse Halström

 

und hier einen Bericht über den Film "Alita - Battle Angel" – aufwändig inszenierte SciFi-Manga-Adaption von Robert Rodriguez

 

und hier einen Beitrag über den Filmund "The Accountant" – originell meditativer Action-Thriller über einen autistischen Mafia-Buchhalter von Gavin O`Connor mit Ben Affleck.

 

In „Hypnotics“ erscheint jedoch die Fähigkeit zum Hypnotisieren als sagenhafte Zauberkraft, der alle unwillentlich ausgesetzt werden wie radioaktiver Strahlung; sie gibt ihnen verwegenste Trugbilder ein. Ähnlich der unglaublichen Superkräfte, mit denen unzählige Superhelden durch diverse Comic-Verfilmungen wirbeln: Sie sorgen für beeindruckende Schaueffekte, doch Logik und Plausibilität werden ihre ersten Opfer. Und damit die Spannung: Wenn alles denkbar ist, wird alles beliebig und letztlich egal.

 

Grandios fehlbesetzte Hauptrolle

 

Nun braucht sich ein Action-Spektakel nicht an Machbarkeits-Regeln der Realität zu halten. Doch werden deren Gesetze derart schnöde ignoriert wie hier, bleibt nur noch pubertäre Prahlerei übrig: Guckt mal, welche schrägen special effects wir den Graphikkarten unserer Supercomputer entlocken!

 

Zudem ist die Hauptrolle grandios fehlbesetzt: Dem stoischen Ben Affleck traut man viel zu – bloß keine enormen Geisteskräfte, die denen aller Anderen weit überlegen sind. Dabei lässt sich das Bewusstsein von Regisseur Rodriguez offenbar nur wenig von neuen Ideen beeinflussen: Am Ende steht eine tränenselige Familienzusammenführung.