Dieser Film verknüpft zwei Phänomene, die füreinander bestimmt scheinen: die Faszination für Regisseure von Trash-Filmen wie Ed Wood (1924-1978). Dem Erfinder dilettantischer b-movies wie „Plan 9 aus dem Weltall“ (1959) setzte Tim Burton 1994 mit seinem Oscar-prämierten biopic ein Denkmal. Und das Phänomen James Franco: Der Schauspieler hat sich im Mainstream-Kino etabliert und zum Liebling Hollywoods gemausert. Daneben lebt er seine Arbeitswut als Regisseur und Produzent von Obskurem und Abseitigem aus.
Info
The Disaster Artist
Regie: James Franco,
104 Min., USA 2017;
mit: Dave Franco, James Franco, Seth Rogen
Zuerst ein Flop, dann ein Hit
Die überambitionierte Dreiecksgeschichte trieft vor Melodramatik und unfreiwilliger Komik. Anfangs ein Flop, entwickelt sich das Machwerk allmählich zum Kultfilm: Er wird bis heute in ausverkauften Nachtvorstellungen gezeigt, bei denen das Publikum voller Inbrunst die hölzernen Dialoge der drittklassigen Darsteller mitspricht.
Offizieller Filmtrailer
Der Schauspiel-Berserker
„The Disaster Artist“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Tom Bissel und Greg Sestero, der in „The Room“ mitspielte und darin die Entstehungsgeschichte des Films beschreibt. Es liegt nahe, dass sich James Franco als Regisseur dieses behind the scenes-Stücks an dessen Macher orientiert: Franco hat seinen Film ebenfalls in Personalunion produziert, die Regie und die Hauptrolle übernommen. Den Part des Greg Sestero besetzt er mit seinem jüngeren Bruder Dave Franco.
Die Handlung beginnt, als die beiden ungleichen Charaktere Wiseau und Sestero in einer Schauspielklasse aufeinander treffen. Zuerst spricht der unsichere Greg stockend vor; dann verwandelt Tommy das Auditorium mit einem expressiven Schrei in die Kulisse einer one man show. Die ist zwar ziemlich untalentiert, strotzt aber vor Unerschrockenheit. Greg begreift, dass das genau ist, was er braucht. Er spricht den schwarzhaarigen Berserker an; gemeinsam studieren beide eine Szene ein. Eine Arbeits-Freundschaft fürs Leben, die der Film Station für Station durchbuchstabiert.
Auf nach Hollywood
Das ist zunächst unterhaltsam: etwa, wenn beide ihre erste Textprobe in einem vollbesetzten Restaurant aufführen. Oder sie an der Stelle, an der ihr Idol James Dean einst starb, den Schwur ablegen, dass auch sie eines Tages zu Stars werden. Dafür ziehen sie nach Los Angeles in Tommys geräumige Wohnung. Als Tommy für seine anstrengend exzessiven Auftritte ständig Abfuhren kassiert, kommt Greg auf die Idee, einen Film zu drehen. Tommy wirft kurzerhand das Drehbuch für „The Room“ aufs Papier. Da er aus dubiosen Quellen genug Geld für equipment und crew hat, kann das Duo bald mit den Dreharbeiten beginnen.
Die Produktion wird zum Desaster. Tommys Größenwahn und Unvermögen strapazieren alle Beteiligten, was leider recht holzschnittartig abgehandelt wird. Zaghaft versucht Greg, in ein eigenes Leben mit Freundin und kleineren Engagements auszubrechen, doch für diesen Konflikt interessiert sich James Franco wenig. Lieber zeigt er sich selbst als Tommy beim Wüten- und irgendwann ist das vermurkste Werk vollbracht: „The Room“ feiert Premiere, und auf Zerwürfnis und tiefen Fall der beiden Hauptfiguren folgt die gemeinsame Rettung durch unfreiwillige Komik. Statt als ernstzunehmender Filmemacher mit eigener cineastischer Vision reüssiert Tommy als Kult-Regisseur einer Mitternachts-Groteske.
Banaler Lebenstraum
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Every Thing Will Be Fine" – Schuld-und-Sühne-Drama von Wim Wenders mit James Franco
und hier einen Bericht über den Film "Altmann" - Dokumentation über den US-Filmemacher Robert Altmann von Ron Mann
und hier einen Beitrag über den Film “Hitchcock” – Biopic über den Regisseur von Sacha Gervasi.
Regisseur Franco bebildert den Film recht konventionell; es gelingt ihm nicht, eine eigene Herangehensweise für die altbekannten Motive von Männerfreundschaft und schräg ausgelebtem american dream zu finden. Stattdessen lässt er in TV-Manier talking heads auftreten, die wortreich den Kultfilm-Status von „The Room“ beschwören. Ansonsten setzt er ganz auf das Spiel des Hauptdarstellers – also sich selbst. Wobei Francos Mimik trotz seiner präzisen Imitation des realen Vorbilds Wiseau allzu oft ins Süffisante kippt.
Pure Schadenfreude?
„The Disaster Artist“ ist zwar stellenweise unterhaltsam, trägt aber nichts zur Klärung der Frage bei, warum manche missratene Filme später zu Kult-Objekten avancieren, deren treue Fan-Gemeinde sich an ihnen – aus Schadenfreude? – nicht satt sehen kann: Je schlechter, desto besser.